„Sex sells". So viel Aufmerksamkeit hätte sich die pflegepolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag Elisabeth Scharfenberg wohl nicht erwartet, als sie jüngst die in der behindertenpolitischen Szene ziemlich unumstrittene Forderung nach  finanziellen Leistungen für die Inanspruchnahme von Sexdiensten für Menschen mit Behinderungen aufstellte. Unter der Schlagzeile "Sex auf Krankenschein" geistert die Forderung durch die Medien, wo sie auch schon ein heftiges Echo bei den Leserbriefschreibern hervorgerufen hat, ins Netz mag ich da gar nicht erst schauen. Schon der Münchner Behindertenbeauftragte Oswald Utz schaffte es vor ein paar Jahren auf Anhieb auf die Titelseite der Bildzeitung München, als er eine Lockerung der Sperrbezirksregelung für sexuelle Dienstleistungen an behinderten Menschen forderte, das hatte er mit seinen ganzen anderen Forderungen noch nie geschafft. Meines Erachtens zeigt uns die erregte Debatte, dass wir von einer wirklichen "Teilhabe am Leben der Gemeinschaft" der Menschen mit Behinderung , wie sie in den Sozialgesetzbüchern beschworen wird und die ein möglichst selbstständiges und selbstbestimmtes Leben  ermöglichen und erleichtern soll, noch ein ganzes Stück entfernt sind. Ein selbstständiges und selbstbestimmtes Leben beinhaltet auch die freie Entscheidung, Sexdienstleistungen in Anspruch nehmen zu können, z.B. finanziert über die Eingliederungshilfe. Die Möglichkeit gibt es durchaus jetzt schon und sie wird auch in Anspruch genommen, aber es bedeutet für jede oder jeden, die/der das möchte, einen Kampf mit den zuständigen Sozialbehörden, die diese Leistung nicht selbstverständlich zahlen.  
Die Debatte zeigt uns, dass wir hier eine Zustimmung in der Gesellschaft nicht als selbstverständlich  annehmen sollten, die gibt es nämlich nicht so ohne weiteres. Wir sollten uns darauf einrichten, dass wir unseren Standpunkt wieder stärker argumentativ und auch durchaus medienwirksam vertreten müssen. Deshalb ist es  sehr zu begrüßen, dass der VBA  eine Veranstaltung zu diesem Thema durchführt.
Der Dokumentarfilm „Love & Sex & Rock’n Rollstuhl“ setzt sich mit dieser Thematik auseinander und ist am 01.02.2017 im Monopol-Kino zu sehen. Da wegen der großen Nachfrage die Rollstuhlplätze der 19:00-Vorstellung bereits ausgebucht sind, findet um 21:30 eine zweite Vorführung statt.

Carola Walla