Gartenschau Deggendorf1Die Landesgartenschau in Deggendorf ist eine Reise wert. Die Einrichtungen für Gehbehinderte und Rollstuhlfahrer aber sind teilweise mangelhaft oder störanfällig, die Helfer und Organisatoren ahnungslos und unbeholfen. Aber der Reihe nach.
Die Deichgärten der Gartenschau liegen – wie der Name sagt – auf einem Deich, der die Stadt Deggendorf vor Hochwasser schützt. Im April und im Mai mit einer Fülle von Tulpen bepflanzt und in Stiefmütterchenfelder hineinkomponiert, sehen sie aus wie Gemälde mit überraschend wechselnden Farbkombinationen. Eine Pracht, die die Besucher schwärmen lässt! In Hochbeeten aus rostrotem Eisen, die an die Lastkähne auf der Donau erinnern, aber eben bestückt mit prachtvollen Blumen (bald werden es Sommerblumen sein) – sind sie großzügig über eine weite Fläche verteilt. Überhaupt bestimmen die Formen von Fisch, Kahn und Welle die gesamte Gartenschau, die sich dem Donauufer entlang erstreckt.
Viel Spiel und Sport auf den Wiesen direkt am Donauufer, im sogenannten Donaupark - speziell auch für Kinder! Daneben gibt es vielfältige Angebote für Gemüsefreunde, Kräutergärtner und Moor-Spezialisten, für die Liebhaber wohnlicher Gartenwinkel, für Freunde einer Gartenkunst, bei der Wasser eine wichtige Rolle spielt und für Friedhofsgärtner. Außerdem Informationen für diejenigen, die etwas über Auwald, Glaskunst oder Wildnis im Bayerischen Wald erfahren wollen. Fast nichts, was Gartenfreunde und Naturliebhaber erfreut, wurde ausgelassen. Aber -
für Behinderte wurde nicht ganz so gut gesorgt. Leider. Es beginnt damit, dass im Lageplan der Gartenschau weder die Behindertenparkplätze, noch die die barrierefreien WC s eingezeichnet sind. Der Parkplatz am Haupteingang befindet sich auf holprigem Gelände – Grasnarben wechseln sich mit Kiesinseln ab – was Spastiker besonders erfreuen wird!


An der Kasse bekommt man auf einen Ausweis mit dem Zeichen B für Begleitperson zwar eine Dauerkarte für einen Rollstuhlfahrer mit Begleitperson, aber die Begleitperson soll sich trotzdem eine normale Karte besorgen. „Warum?“ haben wir gefragt. „Weil das eben so sein muss!“ Aber die Begleitperson kostet doch nichts, oder?“ Nein, aber eine solche Zusatzkarte müsse trotzdem sein. Am nächsten Tag holten wir keine Zusatzkarte und wurden trotzdem ohne Beanstandung eingelassen. Die Türsteher sind wohl besser informiert als die Kassenwarte.
Wo sich die Behinderten-WC s befinden, weiß erst der vierte von den befragten Ordnungskräften. Drei zuckten nur hilflos die Schultern. Das erste barrierefreie WC, das wir aufsuchten, hatte ein kaputtes Schloss. Als wir hinein wollten, schrie die Klofrau glücklicherweise rechtzeitig „Da ist jemand drin!“ Heraus kam schimpfend eine schwer gehbehinderte Dame. Im nächste Klo arbeitete eine Klofrau, die kein Wort deutsch verstand und deshalb auch nicht sagen konnte, wo sich das Behinderten-WC befindet. Der Strick, mit dem der Rollstuhlfahrer einen Notruf hätte tätigen können, war aufgewickelt und hing als Knäuel unter der Decke des Raumes.

Gartenschau Deggendorf2


Besonders ärgerlich: Zu den Deichgärten hinauf führt ein Aufzug, der am dritten Tag bereits kaputt war und bis zum Abend auch nicht repariert werden konnte. „Da müssen Sie halt über die Stadthalle raus und um die Gartenschau herum bis zum Parkplatz!“ Eine weite Strecke, nach der die Batterie meines Elektrorollstuhls am Ende war, denn mit so einen Fußmarsch am Schluss unseres Gartenschaubesuchs hatte ich nicht gerechnet. Warum installiert man hier keine Rampe, die bestimmt nicht kaputt geht und gerne auch von Müttern mit Kinderwägen und Menschen mit Rollator benützt wird? Am nächsten Tag entdeckte ich außerdem, dass es ganz in der Nähe des kaputten Aufzugs eine breite Straße gibt, die direkt zum Parkplatz führt und nur mit einem Baugitter provisorisch abgesperrt ist. Warum kann in so einem Fall nicht einer der Ordnungskräfte die Kette am Gitter lösen und den Rollstuhlfahrer oder Gehbehinderten auf kurzem Wege hinausbegleiten?
Aber wenden wir uns noch einmal den Schönheiten der Schau zu: Ein besonderer Höhepunkt ist sicherlich die Farbachse, die von den Deichgärten hinunterführt zur Blumenhalle am See. Ein zauberhaftes Farbspiel von Dunkellila über Orange, Rot, Gelb, und Weiß, wie ein Regenbogen, hingestreut in die grüne Wiese! Wie gesagt, Sie müssen unbedingt nach Deggendorf!
In der Blumenhalle dann die Prachtkompositionen der Gärtner: Hier gehen, rollen oder schweben Sie aus der Duftwolke der Lilien in den Duftbereich der Pfingstrosen und anderer in den Gewächshäusern vorgetriebener Blumen in riesigen Gefäßen, wie Nelken, Fingerhüte, Rittersporn, Löwenmäulchen, Gerbera und Geranien. Dazwischen ein Gesteck aus Plastiktulpen. Das hätte man sich sparen können.
Beim Verlassen des Geländes haben wir dann noch ein vielversprechendes Plakat entdeckt – eine junge Frau schiebt eine ältere im Rollstuhl. „Ehrenamtlicher Begleitdienst. Treffpunkt hier“, stand dabei. Was für ein tolles Angebot, haben wir gedacht, das versöhnt ja mit den Mängeln! Da auf dem Plakat keine Telefonnummer angegeben war, gingen wir zur Kasse zurück. „Wie kann man denn diesen Begleitdienst erreichen, über Telefon? Oder organisieren Sie das, oder wie geht das vor sich? - Das hat mit uns nichts zu tun“, sagte die Dame hinter dem Schalter. „Das ist nur für den Bus“, fügte sie hinzu. Wir lasen das Plakat noch einmal: „Ehrenamtliche Begleitung auf dem Gelände der Gartenschau“, stand da zu lesen. Die Dame an der Kasse zuckte die Achseln. Na, wenn keiner eine Ahnung hat, dann sollte man das Plakat schleunigst entfernen! Im Internet war allerdings eine Telefonnummer angegeben. Die habe ich angerufen. A

m Apparat eine freundliche Dame, die sich über die ausgeprägte Unwissenheit an der Kasse gewundert hat: „Wir haben 70 ehrenamtliche Mitarbeiter, die für den kostenlosen Begleitdienst zur Verfügung stehen. Wenn Sie einen Tag vorher anrufen, können Sie sicher sein, dass Sie einen Begleiter bekommen“, versprach sie und auch die Telefonnummer würde künftig auf oder unter dem Plakat zu lesen sein. Ich verrate sie Ihnen gleich jetzt: (“mach mit”-Freiwilligenzentrum, Tel. 0991 / 3100 400). Also versuchen Sie Ihr Glück. Vielleicht klappt es ja!


Was ich Ihnen aber unbedingt noch sagen will – versäumen Sie auf keinen Fall den Fluss auf einer Fußgängerbrücke zu überqueren und sich die Fischergärten jenseits der Donau anzuschauen. Auch sie ein Traum aus Blüten, Farben und sanften Formen!


Ingrid Leitner