Im Westen der Bundesrepublik Deutschland ist die Zahl der Museen allein in den letzten 35 Jahren um ca.  40 % gestiegen und auch in München hat sich die Museumslandschaft grundlegend verändert: Pinakothek der Moderne, Brandhorst Museum oder Jüdisches Museum sind neu hinzugekommen, Lenbachhaus und Villa Stuck wurden erweitert bzw. restauriert und das Ägyptische Museum hat neue Räumlichkeiten bezogen.
In diesen Zusammenhang fügt sich auch die feierliche Eröffnung des NS-Dokumentationszentrums, das am 30.April, dem Jahrestag der Befreiung Münchens durch die Amerikaner 1945, eingeweiht wurde.


In München wurde die NSDAP gegründet und erlebte ihren Aufstieg, München hatte als so genannte „Hauptstadt der Bewegung“ eine besondere Bedeutung und hier waren bis 1945 maßgebliche Zentren der Partei angesiedelt. Aus diesem Grund lag es nahe, gerade in München ein Dokumentationszentrum einzurichten, das sich mit diesem Zeitraum beschäftigt und in einer ständigen Ausstellung den spezifischen München-Bezug dieser Epoche herstellt. Symbolträchtig wurde hierfür ein Areal gewählt, auf dem sich vormals das Braune Haus befand, also die Parteizentrale der NSDAP. Gleichzeitig wurden die bisher über den Fundamenten eines der beiden davor liegenden „Ehrentempel“ (von den Nationalsozialisten errichtete Grabanlage für die bei Hitlers Putschversuch 1923 ums Leben gekommene Aufständischen) wuchernden Sträucher entfernt, so dass dieses verdrängte Überbleibsel einer noch gar nicht so fernen Vergangenheit beim Besuch des Museums gesehen werden kann. Zusammen mit den in unmittelbarer Nachbarschaft befindlichen nationalsozialistischen Bauten und dem Königsplatz bieten sich so beim Blick aus den Fenstern des NS-Dokumentationszentrums ungewohnte  Ansichten.
Doch für uns ist die Eröffnung eines jeden neuen Museums zunächst Anlass für eine Besichtigung, denn wir sind neugierig, was an Neuem geboten wird und ob Besucher mit Einschränkungen ohne Weiteres in dem Gebäude zurechtkommen.
So auch hier.
Schon wieder eine Drehtür, denke ich zunächst beim Betreten des Museums. Zwar geht, noch bevor ich den Gedanken zu Ende gedacht habe, links davon eine Tür mittels eines von innen betätigten Türöffners auf und eine freundliche Mitarbeiterin wünscht mir einen guten Morgen. Doch ich sinne zunächst darüber nach, aus welchem Grund Museumsarchitekten in München und Umgebung eine so große Vorliebe für Drehtüren haben – Neue Pinakothek, Museum Brandhorst, aber man denke beispielsweise auch an das Buchheim Museum der Phantasie in Bernried und eben jetzt auch an das NS-Dokumentationszentrum – und welche Vorteile diese gegenüber einem „normalen“ Eingang besitzen könnten. Bei einer ersten Orientierung erkenne ich sodann, dass aufgrund der relativ kleinen Gebäudegeschossfläche Dauer- und Sonderausstellung sowie Schulungs- und sonstige Räume auf insgesamt sieben Stockwerke verteilt sind: erstes bis viertes Obergeschoss, Erdgeschoss sowie zwei Untergeschosse. Das bedingt einiges Hin- und Herfahren mit den Aufzügen, wenn man im Rollstuhl unterwegs oder nicht so gut zu Fuß ist, aber solange die beiden Aufzüge funktionieren, sollte dies kein Problem sein. Weniger glücklich ist die Platzierung der eher an einen Kiosk erinnernden Cafeteria im zweiten Untergeschoss, denn an einem Sommertag wird sich kaum ein Besucher dorthin verirren. So verwundert es auch nicht, dass in der fernab jeglicher Besucherströme (Schließfächer und Toiletten befinden sich ein Stockwerk darüber) liegenden Cafeteria nur ein einziger Besucher war.
Die ständige Ausstellung beginnt dann im vierten Obergeschoss mit dem Ersten Weltkrieg, seinem Ende und der Weimarer Republik. Auf großen Stellwänden wird dieser Zeitraum in einzelnen thematischen Schwerpunkten erläutert, wobei durch historische Aufnahmen immer ein konkreter Bezug zu München hergestellt wird. Auf großen Tischen, die von unten beleuchtet sind, werden diese Informationen auf den Stellwänden vertieft und insbesondere durch zusätzliche Materialien ergänzt, etwa zeitgenössische Wahlplakate oder  Karikaturen aus Zeitungen. Diese Tische dürften eine Höhe haben, dass auch Rollstuhlfahrer die darauf befindlichen Materialien einsehen können. Außerdem ist historisches Filmmaterial zu sehen. Ich versuche, Schwerpunkte zu setzen und dennoch – als ich im vierten Stock fertig bin und somit gerade die Zeit von 1914 bis 1933 „abgearbeitet“ habe, ist bereits mehr als eine Stunde vergangen.
Ich beschließe daher, die folgenden Stockwerke etwas zügiger zu besichtigen, zumal mich im ersten Obergeschoss auch noch die Sonderausstellung „Das Unsagbare zeigen. Künstler als Warner und Zeugen 1914-1945“ erwartet. Die im vierten Stock startende Dauerausstellung (1924-1933, s.o.) befasst sich dann weiter mit der nationalsozialistischen Vorkriegszeit (1933-1939, drittes Obergeschoss), dann mit dem Zweiten Weltkrieg (1939– 1945, zweites Obergeschoss) und schließlich mit der Aufarbeitung der Vergangenheit in der Nachkriegszeit (Teil des ersten Obergeschosses). Diese Stockwerke bieten dem Besucher ebenso wie das vierte Obergeschoss eine Fülle von Informationen und Materialien auf Stellwänden und Tischen. Dabei hat mich besonders das historische Filmmaterial beeindruckt: Filme über die während der Reichskristallnacht angerichteten Zerstörungen jüdischer Geschäfte in München oder über die durch Bombenangriffe zerstörte Stadt. Selbst wer nur die Informationen auf den 33 Stellwänden der ständigen Ausstellung liest, wird mindestens eineinhalb bis zwei Stunden benötigen, um die ganze Ausstellung zu sehen. Alternativ kann man sich einen Audioguide leihen. Dabei handelt es sich um einen „intelligenten“ Audioguide, der – ähnlich demjenigen des Ägyptischen Museums – erkennt, wo sich der Besucher befindet und auf einem Display anklickbare Symbole bei den einzelnen Stellwänden zeigt. Die nach Anklicken abhörbaren Informationen ersetzen die Ausführungen auf den Stellwänden aber nur teilweise, da sie auch darüber hinausgehende Hintergrundinformationen liefern und Zeitzeugen zu Wort kommen lassen.
Wer sich mit Geschichte beschäftigt und aufmerksam Zeitung liest, wird vieles in der ständigen Ausstellung bereits kennen. So konzentriert und vollständig, so ausgewogen und genau bekommt man diesen wichtigen Abschnitt der Geschichte Münchens und Deutschlands aber selten dargeboten. Allerdings – für einen Besuch sollte man viel Zeit mitbringen oder sich die umfangreiche Dauerausstellung  in mehreren kürzeren Besuchen erschließen. Ich selbst war zweimal zwei Stunden in der Ausstellung und habe selbst bei diesen beiden Besuchen nur einen flüchtigen Blick auf die Schautische werfen können.


Wolfgang Vogl