Zugegeben, das (in die Gegenwart versetzte) Zitat aus einer Erzählung von Thomas Mann wird geradezu inflationär verwendet: Die Landeshauptstadt München ehrt seit 1961 Bürger mit der Medaille „München leuchtet – Den Freundinnen und Freunden Münchens“, ein Leuchtengeschäft trägt diesen Namen und die Kammerspiele hatten in den achtziger Jahren ein erfolgreiches Kabarett-Programm gleichen Namens auf dem Spielplan.

Wenn man aber derzeit das noch wechselhafte Wetter zu einem Ausstellungsbesuch nutzen möchte und sich die Ausstellungskalender betrachtet, kommt man aus dem Staunen gar nicht mehr heraus, so viel Außerordentliches und Hochkarätiges wird gegenwärtig in Münchens Museen und Ausstellungshallen geboten. München leuchtet – das ist in dieser Beziehung nicht nur eine Redensart. Für alle, die sich ein wenig orientieren möchten, was geboten wird, was besonders sehenswert ist und was für sie am leichtesten zugänglich erscheint, hier ein kleiner Überblick:

„Mit Leib und Seele – Von Asam bis Günther“ (12. Dezember 2014 – 12. April 2015), Hypo-Kunsthalle München

Besuche in der Hypo-Kunsthalle sind immer besonders entspannend, weil man ohne Probleme mit Aufzügen Garderobe und Ausstellungsräume erreicht und sich praktischerweise ein hervorragendes und geräumiges Café gleich im Haus befindet. In dieser Schau wird der Besucher gleich im ersten Raum von einer überlebensgroßen Figur der Heiligen Helena (die Mutter des römischen Kaiser Konstantin) von Ignaz Günther überwältigt

Diese wurde – neben anderen Figuren desselben Künstlers – eigens aus dem Prämonstratenserkloster Sankt Peter und Paul in Neustift (Freising) für die Ausstellung herbeigeschafft. Und nicht nur sie kann man in dieser großartigen Ausstellung bewundern. Pietas, Jünger, Heilige, Erzengel und Putti bevölkern diese Ausstellung, die sonst nur in respektvoller Entfernung in über ganz Süddeutschland verstreuten Kirchen besichtigt werden können. So habe ich erstmals die wunderbaren Figuren von Johann Baptist Straub aus der Kirche St. Michael in Berg am Laim, in der ich getauft wurde, ganz nah erleben dürfen. Wer die Pracht des Rokoko in all seiner Fülle und hautnah erleben möchte, sollte sich diese Ausstellung nicht entgehen lassen.

„Kykladen – Frühe Kunst in der Ägäis (13. Februar – 7. Juli 2015), Archäologische Staatssammlung

Auch diese Ausstellung ist gut erreichbar, da die beiden Ausstellungsräume ebenerdig und ohne Stufen sind. Wer schon einmal in Athen war und das dortige Kykladenmuseum besucht hat, wird sofort an die so genannten Idole denken, abstrahierte Steinfiguren, für die diese Inselgruppe berühmt ist.

Die Ausstellung beschäftigt sich mit den Kykladen aber in einem umfassenderen Sinn: In einem Raum wird die Inselgruppe im Zeitraum ab etwa 3000 vor Christus vorgestellt, ihr Klima, ihre Rohstoffe, ihre Bewohner und deren Lebensverhältnisse sowie Zeugnisse aus dieser Epoche. Der zweite, größere Ausstellungsteil ist dann ausschließlich den Idolen gewidmet und beeindruckt durch eine Vielzahl von Varianten und Formen, die nicht umsonst viele Künstler des 20. Jahrhunderts beeinflusst haben.

„Bella Figura“ Europäische Bronzeplastik in Süddeutschland um 1600 (6. Februar – 5. Mai 2015), Bayerisches Nationalmuseum

Ein Besuch des Bayerischen Nationalmuseums ist für jeden, der nicht so gut zu Fuß oder auf einen Rollstuhl angewiesen ist, eine Herausforderung: Der reguläre Eingang weist eine Reihe von Stufen auf, so dass man nur auf Umwegen Zutritt erlangt, und auch innerhalb der Ausstellungsräume sind häufig nochmals Stufen. So auch hier.

Der erste Teil der Ausstellung befindet sich aber im über einen Aufzug leicht zugänglichen zweiten Obergeschoss und widmet sich in einem ersten Raum der großartigen Bronzeplastik des Fliegenden Merkurs von Giambologna und den in dessen Gefolge entstandenen Figuren des Gotts von Adriaen de Vries und Hubert Gerhard. Wer in der griechischen und römischen Mythologie schwelgen oder ausgefeilte Figurenpyramiden von allen Seiten bewundern möchte, ist hier und in den folgenden Räumen bestens aufgehoben und erfährt nebenbei, dass sowohl die Mariensäule als auch die vor dem Eingang der Residenz befindlichen Bronzelöwen eigentlich für das dann nicht ausgeführte Grabmal Wilhelms V. (1548-1626) bestimmt waren.

Der zweite und nicht weniger sehenswerte Teil der Ausstellung befindet sich dann aber im ersten Stock im Mars-Venus-Saal. Die darin befindliche, monumentale Figurengruppe von Hubert Gerhard bildet den krönenden Abschluss dieser Ausstellung – sofern man bis zu ihr vordringt. Auf dem regulären Weg sind nämlich zweimal mehrere Stufen zu bewältigen, teilweise nur mit einseitigem Handlauf. Laut Homepage hat der Mars-Venus-Saal aber auch einen direkten Zugang über den Kanonenhof. Ob Rollstuhlfahrer auf diesem Weg Zugang zu diesem Saal erhalten, entzieht sich aber meiner Kenntnis.

Transsib – Ein Jahrhundertprojekt auf Schienen (17. Oktober 2014 – 30. August 2015), Verkehrszentrum des Deutschen Museums

Die transsibirische Eisenbahn ist mindestens ebenso sagenumwoben wie der Orientexpress und so mancher wird schon mit dem Gedanken gespielt haben, damit eine Reise von Moskau nach Peking oder Wladiwostock zu unternehmen. Zumindest in Gedanken ist dies nun möglich in der Ausstellung im Verkehrszentrum des Deutschen Museums. Zunächst muss man dafür jedoch einen etwas mühseligen Parcours durch das Museum in Kauf nehmen. Vom Museumseingang geht es zunächst quer durch eine ganze Halle und am Ende mit einem Aufzug ins obere Stockwerk, dort über einen Übergang in die Halle III und dann noch einmal ans andere Ende dieser Halle, bevor man sich auf die Reise begeben kann.In der Ausstellung erfährt man dann einiges über Ausgangs- und Zielpunkt der Bahn, über die Städte auf der Strecke und über den langen Weg bis zum Bau der Bahn. Wer sich auf eine bevorstehende Reise mit der transsibirischen Eisenbahn vorbereiten will oder wem die Mühen einer solchen Fahrt zu groß sind, kommt hier auf seine Kosten.

Louise Bourgeois. Strukturen des Daseins: Die Zellen (27. Februar – 2. August 2015), Haus der Kunst

Louise Bourgeois wurde 1911 als Kind wohlhabender Eltern in Frankreich geboren, zog nach ihrer Heirat mit einem Amerikaner nach New York und starb dort 2010. Die Ehe der Eltern scheint nicht sonderlich glücklich gewesen zu sein und das Verhältnis zwischen Künstlerin und Vater war so traumatisch, das erstere sich lange Zeit in psychoanalytischer Behandlung befand. Das Verhältnis zu ihren Eltern wird denn auch in dem umfangreichen Werk von Louise Bourgeois in geradezu obsessiver Weise thematisiert und so kann der Besucher im Haus der Kunst in der im Erdgeschoss eingerichteten Ausstellung etwa dreißig skulpturale Arbeiten besichtigen – die so genannten Zellen -, die auf irritierende, beklemmende und auch aufrüttelnde Weise diese Traumata thematisieren. Harte Kost für sensible Gemüter - und wem eher nach Harmonie zumute ist, sollte zumindest nicht alleine in die Ausstellung gehen. Im Kunstbau des Lenbachhauses ist weiterhin die bereits in der vorigen Ausgabe vorgestellte Ausstellung über die Künstlerfreundschaft zwischen August Macke und Franz Marc zu sehen, im Museum Fünf Kontinente (ehemals Völkerkundemuseum) eine große Schau über Myanmar (Burma), im Kunstfoyer der Bayerischen Versicherungskammer das graphische Werk von Konrad Klapheck und die Liste ließe sich fortsetzen!

Wolfgang Vogl