Was Zeitungen zusammenschreiben, das geht oft auf keine Kuhhaut! Und dann schreibt auch noch eine von der anderen ab! Worum es geht? Es geht um die Frage, wie ein Rollstuhlfahrer oder ein gehbehinderter Mensch stufenlos auf den Arber, also auf den höchsten Gipfel des Bayerischen Waldes, gelangen kann. Nicht ganz auf den Gipfel, aber weit hinauf, bis zum Arberschutzhaus. Zu diesem Thema druckten kürzlich mehrere Zeitungen die Meldung: „Ab sofort Aufzug zum Arberhaus!“

 

Wir bergbegeisterten Behinderten waren natürlich entzückt, und als ich kürzlich mit meiner Freundin Monika wieder einmal eine Woche im Bayerischen Wald, auf dem Frankl-Hof, verbracht habe, machten wir uns auf den Weg. Zuerst nach Bayerisch Eisenstein und dann Richtung Talstation der Gondelbahn, die die Touristen auf den Arber bringt. Fahrkarte lösen, hin zum Aufzug. Der Aufzug öffnet sich und Monika sagt enttäuscht: „Der hat ja keine Glaswände, da sieht man doch die ganze Fahrt nichts!“ Empört läuft sie zurück zum Fahrkartenschalter: „Bei diesem Aufzug sieht man ja nichts von der Landschaft!“ – „Doch, doch“, meint die freundliche Frau an der Kasse, „der Aufzug führt nicht bis hinauf zum Arberschutzhaus, sondern nur ein kurzes Stück hoch, bis zur Talstation der Bergbahn, und dann geht’s mit der Gondel weiter!“ Monika frohlockt. Ich bekomme Angst. Mir wäre es lieber gewesen, in einer dunklen Aufzugkabine hinaufzufahren und erst droben die Aussicht zu bewundern, als in die wackelige Gondel einsteigen zu müssen und viel zu hoch über dem sicheren Erdboden hinaufbefördert zu werden, und dabei der Gefahr des Absturzes auch noch ins Auge zu schauen! Und warum diese gläsernen, runden, schwebenden Käfige „Gondel“ heißen müssen, weiß ich auch nicht – aber das nur nebenbei. Da ich inzwischen mit dem Aufzug an der Talstation angelangt war und nun doch hinaufwollte auf den Arber, blieb mir nichts anderes übrig, als in die Gondel zu steigen, was problemlos ging: Die zuständigen Männer hielten einfach die Bahn an, klappten in der – angesichts meiner Ängste, wie gesagt, sehr kleinen Gondel, ob ich da überhaupt hineinpassen würde??? – die beiden Sitzbänke hoch, legten eine Rampe an, und drin war ich. Eine Sitzbank für Monika wieder heruntergeklappt, und los ging’s.

Ich schwebte – schwebte über steile Hänge, Latschen, kleinwüchsige Birken, winzige Wanderer, herrlich bunte Felder von Wildpflanzen (Weidenröschen und verblühende Fingerhüte in weiß, rosa und lila), und bei jedem Mast, wenn die Gondel, die eigentlich sehr ruhig fuhr, bedenklich ruckelte, wurde meine Abenteuerfreude stark gedämpft und ich bekam schweißnasse Hände. So erreichte ich endlich das Arberschutzhaus-Plateau – und es hat sich gelohnt! Die Aussicht über die sanften, meist bewaldeten Gipfel des Bayerischen und des Böhmerwaldes war herrlich! Auf sicherem Boden stehend kam ich mir vor wie ein riesiger Vogel, der ohne Anstrengung fliegt und steigt und sinkt und in großen Bögen die Luft durchschneidet – frei und schwerelos. Und das alles von einer Aussichtskanzel in luftiger Höhe aus. Ein Fest! Ein Genuss! Ein MUSS für Rollstuhlfahrer und Gehbehinderte! Ein weiterer Aufzug, diesmal verglast, bringt einen von dort aus die paar Meter hinunter zu der Gaststätte, wo man zu seiner Beruhigung etwas essen oder ein Bier trinken kann. Und sogar ein barrierefreies WC (Hanne Kamali muss es allerdings noch genau testen) steht in luftiger Höhe zur Verfügung. Was also will er mehr, der bergbegeisterte Rollstuhlfahrer?!!!

Ingrid Leitner