40 Jahre U-Bahn, aber immer noch nicht wirklich barrierefrei

Die U-Bahn München ist eine absolute Erfolgsgeschichte: Wer könnte sich heute noch den öffentlichen Nahverkehr in München ohne U-Bahn vorstellen? Wir würden im Verkehrschaos versinken, wenn die Menschenmassen, die mit der U-Bahn befördert werden, mit dem Auto oder mit anderen Verkehrsmitteln fahren müssten. Allerdings hat es lange gedauert, bis die U-Bahn auch für Mobilitätsbehinderte benutzbar wurde. Inzwischen sind bis auf 4 U-Bahnhöfe, die leider noch mit Rampen versehen wurden, die viel zu steil sind, alle Bahnhöfe mit Aufzügen ausgestattet. Erst seit Ende der 80er Jahren wurden beim U-Bahnbau die Bahnsteige erhöht, so dass man beim Einstieg in den U-Bahnwagen nicht mehr bis zu 13 cm sondern nur bis zu 5 cm überwinden muss. Allerdings sind gerade noch im Innenstadtbereich die meisten Bahnsteige nicht erhöht. Um den Einstieg in die U-Bahn aber barrierefrei zu nennen, fehlt auch noch eine Spaltüberbrückung, die diesen Namen verdient. Bei den neuen U-Bahnwagen ist der Spalt durch eine Gummilippe entschärft.


Für blinde Menschen wurden die U-Bahnhöfe mit Blindenleitstreifen versehen, aber nach wie vor ist die Benutzung der U-Bahn für Blinde mit großen Risiken behaftet: So kam vor etwa zwei Jahren eine blinde Frau zu Tode, weil sie zwischen zwei U-Bahnwagen auf das Gleis stürzte und von der anfahrenden Bahn überfahren wurde. Kurz nach Weihnachten verunglückte schon wieder ein blinder Mann. Er fiel am Rotkreuzplatz zwischen zwei U-Bahnwagen, glücklicherweise hat er sich nur eine Platzwunde zugezogen. Aus dem Stadtrat kam jetzt die Forderung, dass zwischen den „alten“ U-Bahnwagen (das heißt U-Bahnwagen der älteren Baureihen, denn bei den neuen gibt es dieses Problem nicht) eine technische Sicherung installiert werden sollte. Die MVG (Münchner Verkehrsbetriebe) antworten aber, dass sie bisher keine Lösung hätten, die praktikabel wäre, sie sagen aber auch nicht, welche Lösung sie sich vorstellen könnten und verweisen darauf, dass die alten Wagen immer weniger würden. Man hat eher den Eindruck, dass die MVG dieses Problem aussitzen möchte. Die Videoaufzeichnungen auf den Bahnsteigen – das hat auch viele erstaunt zu erfahren – dienen lediglich dazu, im Nachhinein einen Tatvorgang oder Unfall zu rekonstruieren, es gibt aber keine Überwachung der Bahnsteige oder eine Leitstelle, die eingreifen könnte. Das wäre bestimmt sehr teuer, eine technische Lösung, die verhindert, dass man in den Zwischenraum fallen kann, wäre auf jeden Fall viel günstiger.


Da ist es gut, dass wenigstens die neuen Notrufsäulen, mit denen nach und nach alle Bahnsteige bestückt werden, gegenüber den bisherigen Modellen eine große Verbesserung darstellen, sie sind auch im Rollstuhl zu bedienen und haben für blinde und sehbehinderte Menschen sowohl Brailleschrift auf den Tasten als auch tastbare Buchstaben.
Zurzeit werden die Zwischengeschosse am Hauptbahnhof und am Marienplatz umgebaut, es entstehen dort durchgängige Leitsysteme für blinde Menschen und außerdem bessere Lichtverhältnisse und Wegweiser für alle Fahrgäste.
Es geht zwar immer ein kleines Stück voran mit der Barrierefreiheit der Münchner U-Bahn, bis man allerdings wirklich sagen kann, das Ziel ist erreicht, werden noch viele Anstrengungen nötig sein. Erfreulich ist jedoch, dass demnächst der U-Bahnhof Sendlinger Tor umgebaut wird, auch dort steht dringend eine Bahnsteigerhöhung an!


Carola Walla