Der Entwurf einer Verordnung zum Bayerischen Pflege- und Wohnqualitätsgesetz

Unter dem Titel „Lebensabend im Doppelzimmer“ schildert der Journalist Sven Loerzer in der Süddeutschen Zeitung vom 26. November 2010 die Kritik des Münchner Kreisverwaltungsreferenten Blume-Beyerle an dem vom Sozialministerium vorgestellten Entwurf einer Verordnung zum Bayerischen Pflege- und Wohnqualitätsgesetz. Diese konzentriert sich auf drei Punkte: erstens schreibt der Entwurf keinen Mindestanteil von Einzelzimmern in Pflegeheimen vor, zweitens ist die Versorgung der Heiminsassen in der Nacht unzureichend geregelt (und lässt auch – wie in den Münchner Einrichtungen derzeit -  einen Pflegeschlüssel von eins zu 60 zu. Das bedeutet, ein Mitarbeiter kümmert sich nachts um 60 Bewohner.)  und drittens entspricht die Festlegung der baulichen Standards (Mindestgrößen der Zimmer) nicht den behörderlicherseits ausgesprochenen Empfehlungen. Dazu erreicht uns folgende Stellungnahme:

Zum Artikel „Lebensabend im Doppelzimmer (SZ vom 26. Nov. 2010)

Man kann dem Münchener Kreisverwaltungsreferenten nur zustimmen, wenn er dem vom bayerischen Sozialministerium vorgelegten Entwurf für Pflegeheim-Standards widerspricht, der Doppelzimmer als „Standard“ vorsieht.
Bereits bei alten Eheleuten kann ein gesunder, ausreichend langer und intensiver Schlaf nur gewährleistet werden, wenn die Eheleute getrennt schlafen. Der Schlafrhythmus ändert sich im Alter häufig. Wenn einer mehrmals zur Toilette gehen muss, der andere Einschlafstörungen hat und lesen möchte, der eine schnarcht, der andere nicht, ist ein gemeinsames Schlafzimmer eine unnötige Erschwernis der nächtlichen Ruhepause.
Um wieviel mehr muss man in einem Pflegeheim mit solchen Schwierigkeiten rechnen, wo auch noch nächtliches Umlagern, Verabreichen von Medikamenten etc. notwendig sind.
Angesichts der allgemein angestrebten Lebensverlängerung müsste man eher vorsehen, Doppelbettzimmer ganz zu verbieten.
Auch der Schlüssel: Eine Pflegeperson für 60 Betten ist vollkommen illusorisch und bedeutet eigentlich „Keine fachgerechte Versorgung“.

Es gibt nur eine Lösung für den „Pflegenotstand“: Das soziale Jahr für junge Männer und Frauen. Wie man zum Beispiel in den KWA-Stiftshäusern (Kuratorium Wohnen im Alter) sieht, rekrutieren sich aus dem Kreis derer, die dort ein „Freiwilliges soziales Jahr“ absolvieren, immer wieder Menschen, die sich danach für den Pflegeberuf entscheiden. Es wäre auch zu überlegen, ob nicht alle zu sozialen Berufen Neigenden – und dazu gehören auch alle Medizinstudenten – verpflichtet werden sollten, drei Monate auf einer Pflegestation oder wahlweise im Krankenhaus mitzuarbeiten. Nur dann wäre ein wirkliches Wissen über die Pflege im weitesten Sinn zu erreichen. Bisher besteht auf diesem Gebiet ein riesiges Defizit.

Ruth Kern