Reisen bildet, sagt man. Zumindest aber dürften diejenigen Reisenden, die Ende Februar vom Münchner Flughafen mit einer Lufthansa-Maschine von München nach San Francisco fliegen wollten, Reisen als nicht immer einfache Angelegenheit kennen gelernt haben.

Zum Vorfall: Ein allein reisender, an beiden Beinen amputierter, 25jähriger Serbe hatte sich durch einen privaten medizinischen Dienst an Bord einer Lufthansa-Maschine nach San Francisco bringen lassen.

Dort weigerte sich jedoch die Chefin der Bordcrew, den behinderten Passagier auf dem Langstreckenflug mitzunehmen, da er keinen Katheter hatte und sich bei einem immerhin zwölfstündigen Flug früher oder später das Problem des Toilettengangs stelle, bei dem sie wegen ihrer sonstigen Aufgaben nicht behilflich sein könne.

Da der serbische Passagier kein Deutsch und nur schlecht Englisch sprach, übersetzten andere Passagiere für den serbischen Fluggast.

Nach einer ergebnislosen Diskussion entschied der Pilot der Maschine schließlich, den Fluggast nicht zu befördern. Dieser wurde daraufhin wieder aus der nunmehr vollen Maschine herausgeholt und sein Gepäck ausgeladen. Lufthansa hat daraufhin den Rollstuhlfahrer im Kempinski Airporthotel untergebracht und der Passagier wurde am Tag darauf in die Vereinigten Staaten gebracht.

Dieser bei erster Betrachtung etwas irritierende Vorgang stellt sich bei genauerem Hinsehen jedoch als viel komplexer und vielschichtiger dar. Zwar kann der ursprünglich unter www.ovb-online.de  erschienene Artikel mittlerweile nicht mehr nachgelesen werden und unter www.fit2fly.de findet sich nur eine verkürzte Berichterstattung über den Vorfall. Wenn die Angelegenheit dennoch in diesem Rahmen angesprochen wird, dann deshalb, weil zweifelsohne fundamentale Fragen im Zusammenhang von Flugreisen Behinderter angesprochen werden.

Aus der lebhaften und durchaus kontroversen Diskussion über diesen Vorfall unter vielfliegerforum.de scheint jedoch hervorzugehen, dass der Fluggast den Flug nicht selbst gebucht hatte und bei der Buchung die Behinderung auch nicht angegeben wurde, so dass seitens der Fluglinie keinerlei Vorkehrungen getroffen werden konnten. Unter dieser Prämisse relativiert sich der eben geschilderte Vorfall auch vor dem Hintergrund der oben dargestellten Verordnung über die Rechte von behinderten Flugreisenden und Flugreisenden mit eingeschränkter Mobilität. Dessen Artikel 7 ordnet nämlich das Recht auf die erforderlichen Hilfestellungen einer mindestens 48 Stunden vor Flugantritt erfolgenden Meldung der jeweiligen Bedürfnisse unter. Nach Auffassung von Kommission und Reisebranche ist dieser Grundsatz Ausfluss des Prinzips, dass mit den durch die Verordnung eingeräumten Rechten auch gewisse Pflichten einhergehen. So bietet Lufthansa beispielsweise auf einer eigenen Internet-Seite Informationen für behinderte Flugreisende und solche mit eingeschränkter Mobilität und bittet darin ausdrücklich darum, bereits bei Buchung entsprechende Wünsche (oder Bedürfnisse) zu äußern. Darüber hinaus gibt es eine spezielle Rufnummer für auftretende Fragen.

Nach Artikel 4 Absatz 2 der Verordnung hätte die Fluglinie des weiteren verlangen können, dass der Fluggast von einer anderen Person begleitet wird, wenn sie damit geltenden Sicherheitsanforderungen nachkäme, die in internationalen, gemeinschaftlichen oder nationalen Rechtsvorschriften festgelegt sind, oder denjenigen Sicherheitsanforderungen, die die Behörde aufgestellt hat, die dem betreffenden Luftfahrtunternehmen das Luftfahrtbetreiberzeugnis ausgestellt hat.

Was immer man auch über den geschilderten Vorfall denken mag, eines steht zumindest fest: Wenn einer eine Reise macht, dann hat er was zu erzählen …

Wolfgang Vogl