Fräulein Wagner – Am Bavariapark 16, 089 5 10 88 31 60Über Edith Haberland-Wagner selber konnte ich leider nur wenig herausfinden. Sie lebte in Murnau, musizierte und malte und das war‘s dann auch schon. Wieso das neue Lokal auf der Theresienhöhe Fräulein Wagner heißt, wo sie doch mit einem Herrn Haberland verheiratet gewesen war, bleibt ein Rätsel.
Nur nochmal zur Erinnerung. Therese und Anton Wagners ältester Sohn war Josef Wagner (J W auf den Flaschenetiketten). Dessen ältester Sohn Max war der Vater von Edith Wagner. Sie war demnach die Urenkelin des Gründerehepaares. Nach dem Tod ihres Vaters 1941 lehnte sie das Erbe der Augustinerbrauerei ab, zugunsten Ihres Cousins Rudolf Wagner. Er starb 1981 kinderlos und vererbte die Brauerei an eine Erbengemeinschaft, mit Edith Haberland-Wagner als Haupterbin mit 51% der Anteile.
Da sie selber auch keine Kinder hatte, beschloss sie 1996 als 81-Jährige auf Anraten des Geschäftsführers Ferdinand Schmid, mit ihrem Vermögen eine Stiftung zu gründen. Stiftungszweck der Edith-Haberland-Wagner Stiftung ist einerseits der Erhalt der Augustiner-Brauerei als Privatbrauerei und der Schutz ihrer Belegschaft. Die Übernahme oder Zerschlagung durch größere Konzerne wurde somit unmöglich. Die Stiftung hält heute knapp über 50 Prozent der Brauereianteile, was bedeutet, dass die Hälfte des Unternehmensgewinns in diese Stiftung fließt.
Förderzwecke nach der Stiftungssatzung sind:
- Brauchtum, Tradition und Heimatgedanke
- Denkmalschutz
- Entwicklungshilfe
- Erziehung und Bildung
- Förderung der Jugend und Völkerverständigung
- Gesundheitswesen
- Hilfe für Blinde und spastisch gelähmte Kinder
- Kunst und Kultur
- Mildtätige Zwecke
- Religion
- Seniorenhilfe
- Sport
- Tierschutz
- Umwelt und Landschaft
- Wissenschaft und Forschung
Alle diese Punkte sind großzügig formuliert, außer dem einzigen Punkt, der Menschen mit Behinderung zu Gute kommen könnte. "Hilfe für Blinde und spastisch gelähmte Kinder" ist sehr eng definiert. Da das Wort "Blinde"‘ mit einem Großbuchstaben beginnt, können meiner Ansicht nach, auch blinde Erwachsene in den Genuss einer Förderung kommen, aber für Menschen mit Mobilitätseinschränkung ist der Förderzweck sehr eng. Nur wer noch nicht erwachsen und Spastiker ist, hat eine Chance. Wie sie wohl auf genau auf diesen Begriff gekommen sind???
Eine von Geschäftsführer Schmids Vorlieben war es, denkmalgeschützte Gaststätten in Bayern und Österreich originalgetreu zu sanieren und die Restaurierung von Kirchen zu unterstützen. Nur ein Teil der Objekte wurde barrierefrei saniert. Hier ein paar Beispiele: Das Restaurant ‚MUSEUM‘ im Bayerischen Nationalmuseum, das von der Stiftung selbst betrieben wird, die Alte Kongresshalle, die schon 2007 fertig gestellt wurde, das Wirtshaus am Bavariapark, das Asam Schlössl. Die Augustinerbrauerei hatte das Asam-Schlössl 1992 gekauft und dieses wunderschöne barocke Kleinod aufwändig renoviert. Es gab schon eine Rolli Toilette, aber das war ein winziger Raum, der nur mit einem sehr kleinen Rollstuhl nutzbar war. Seit der letzten Renovierung, bis September 2020, gibt es nun eine Toilette, die um einiges besser ist, zwar noch etwas DIN-fern aber immerhin recht gut. Für die Stufe am Eingang ist noch keine Lösung gefunden. Ich habe bei meinem Besuch im Juli eine Rampe angeregt. Bis 2018 wurde das Tröpferlbad am Bavariaring renoviert,und wir können dort in dem sehr schön renovierten Lokal ‚Das Bad‘ einkehren.
Und nun nochmal zum Fräulein Wagner. Jetzt nicht Frau Edith Haberland-Wagner, sondern zum gleichnamigen Lokal des Jugend- und Familienhotels Augustin. Beides zusammen bildet einen modernen Neubaukomplex, der 2019 eröffnet wurde. Nebenan stehen die Alte Kongresshalle und das Wirtshaus am Bavariapark, alles zusammen ein Augustiner-Ensemble. Die Inneneinrichtung des Fräulein Wagner ist bunt und fröhlich, Hauptfarben Blau und Gold. Das Frühstücksbuffet kostet 16 €, was für die gebotenen Speisen ein Schnäppchen ist – sehr empfehlenswert. Von Montag bis Freitag gibt es einen relativ günstigen Mittagstisch, mit wöchentlich wechselnder Karte. Anschließend ist Kaffee-/Kuchenzeit. Bis vor kurzen war abends nur die nicht wirklich barrierefreie Bar geöffnet. Jetzt habe ich im Internet gelesen, dass es auch wieder eine Abendöffnung gibt. Auf Plastik wird komplett verzichtet und der Müll reduziert. Übrigens ist die Halbe hier um mehrere Zehnerl günstiger als im Wirtshaus nebenan.
2014 hat die Stiftung das Gut Freiham, einen historischen Gutshof aus dem Mittelalter mit Kirche, Gasthaus und weiteren Gebäuden, gekauft und ist dabei aufwändig zu sanieren. Es entsteht ein traditioneller Dorfkern für das Neubauviertel Freiham. Die Stadt hatte verkündet, dass in Freiham besonders viel Wert auf Barrierefreiheit gelegt wird und das hoffen wir für das Gut Freiham auch. Mal gespannt, wann es fertig wird.
Hanne Kamali