Vier Jahre sind vergangen, seit Sibylle Giehle, eine schwerbehinderte Frau, die Assistenten braucht, um selbstbestimmt leben zu können, eine online-Petition an den Deutschen Bundestag gerichtet hat.
Was war ihr Anliegen? Sie wollte, nachdem der Militärdienst umstrukturiert worden war und damit auch die Zivis abgeschafft worden waren, die frei werdenden Gelder zur direkten Hilfe für das Leben Behinderter einsetzen:

Wortlaut der Petition: „Der Bundestag möge beschließen, dass MenschenRecht Assistenz - § 19 der Behindertenrechtskonvention der Vereinten Nationen - sofort umzusetzen! Unabhängig und selbstbestimmt Leben mit persönlicher Assistenz, einkommensunabhängig! Abschaffung des Zivildienstes bei gleichzeitiger Schaffung von Alternativen! Durch Wehr- und Zivildienst werden immense Ressourcen gebunden, diese in sichere Beschäftigungsverhältnisse investieren. Die finanziellen Mittel müssen dahingehend umgelenkt werden!“Und aus der Begründung: „Interessanterweise wäre eine Finanzierung der persönlichen Assistenz relativ problemlos möglich, wenn die staatlichen Zuwendungen für die Zivi-Stellen (Sold, Abfindung, Fahrt-, Wohn-, Essens- und Kleidergeld sowie Sozialversicherungsbeiträge) nicht an soziale Mittler wie zum Beispiel die Diakonie, ASB, Malteser Hilfsdienst gehen würden, sondern direkt als Budget den AssistenznehmerInnen zur Verfügung stünden. Der staatliche Zuschuss plus die eingesparten Kosten für den Einsatz der Zivildienstleistenden würden ausreichen, um ein selbstbestimmtes Leben weiter zu ermöglichen. Die persönliche Assistenz wäre mit dieser Maßnahme gegenfinanziert.
Andere Länder haben schon vorgemacht, dass dies möglich ist. In Schweden ist die persönliche Assistenz unabhängig von der Ursache (Alter, Krankheit, Unfall, von Geburt an, körperlich oder seelisch) im Grundgesetz verankert. Der Ministerpräsident legt jährlich den Stundensatz fest. Und dies alles steuerfinanziert! Alle Heime wurden aufgelöst. Die AssistenznehmerInnen leben mit ihrer Assistenz selbstbestimmt dort, wo sie es wünschen“.

So weit die Petition. Warum geht das in Schweden, bei uns aber nicht? Die Bundesregierung hat den Vorschlag von Frau Giehle nicht wahrgenommen. Frau Giehle hat bis heute keine Antwort auf ihre Petition. Statt dessen gibt es die Bufdis, den Bundesfreiwilligen- Dienst. Wir haben – wie Sie wissen, auch schon versucht, mit Bufdis zu arbeiten. Sie waren und sind eingesetzt auf allen Gebieten, die der Club beackert, vor allem zur persönlichen Unterstützung unserer Klienten.

Aber sie kommen uns teuer – zu teuer vielleicht. Doch bei Frau Giehle geht es um etwas ganz anderes. Es geht um ein selbstbestimmtes Leben. Also – warum wurde die Petition von Frau ignoriert?
Ingrid Leitner