Im Internet macht das Münchner Kreisverwaltungsreferat schwerbehinderten Menschen ein äußerst entgegenkommendes Angebot:Wer wegen seiner Behinderung nicht ins Kreisverwaltungsreferat kommen kann, um einen neuen Personalausweis zu beantragen, zu dem kommt ein Beamter ins Haus.

Ich habe zwei Wochen lang fast jeden Tag die angegebene Telefonnummer angewählt. Niemand hat abgehoben und niemand hat zurückgerufen, nachdem ich meine Telefonnummer und mein Anliegen hinterlassen hatte, obwohl die AB-Stimme einen „umgehenden Rückruf“ in Aussicht stellte.

Nach so viel vergeblicher Liebesmüh bin ich schließlich mit einer Begleiterin hingefahren. „Ein Behinderter muss keine Wartenummer ziehen“, heißt es ebenfalls im Internet. Trotzdem hat mir der Beamte am Servicepoint eine Nummer in die Hand gedrückt. Mein Glück war, dass zu diesem Zeitpunkt kein anderer Mensch einen neuen Ausweis wollte. Ich bin innerhalb von 3 Minuten drangekommen. Der Personalausweis war rasch beantragt. Hätte ich einen neuen Pass gebraucht, wäre es zu Schwierigkeiten gekommen, denn seit einiger Zeit muss man einen Fingerabdruck abgeben. Die Apparatur dafür kann aber nicht so nah an einen Rollstuhlfahrer herangebracht werden, dass dies ginge. Was also soll der arme Rollstuhlfahrer machen? Soll er zur Polizei gehen? Dort sitzen ja die Experten für das Fingerabdrucknehmen, wie ich aus zahlreichen Krimis weiß. Die haben sicherlich eine Lösung für dieses Problem!

Bei der Gelegenheit habe ich übrigens gefragt, warum das mit dem Spezialangebot für behinderte Menschen nicht klappt. Man schilderte mir wortreich, dass der Hausbesuch eines zuständigen Beamten beim behinderten Menschen so gut wie nie vorkommt, denn dazu müssten ja die Beamten, die in der Abteilung ihren Dienst tun, ihren Arbeitsplatz verlassen, und wer würde dann ihre Büroarbeit erledigen? Besser und einfacher sei es, wenn der Behinderte eine Ausweispflichtbefreiung beantragen würde. Mit der könnte er sogar Bankgeschäfte tätigen; und sollte er sie nicht mehr benötigen, könnte er sie jederzeit rückgängig machen.

Dies geht folgendermaßen: Man ruft eine Frau Weidinger-Heß (eine sehr freundliche Dame!) im Kreisverwaltungsreferat an, Telefonnummer: 089 233 23140. (Diese Angaben sind zwar aktuell, aber man weiß nicht, wie lange. Also übernehme ich nur bedingte Haftung! Ansonsten: allgemeine Auskunft einholen.) Von Frau Weidinger-Heß bekommt man einen Antrag auf Befreiung von der Ausweispflicht zugeschickt. Auf diesem Antrag verzeichnet sind alle Dokumente, die derjenige, der für Sie zum Kreisverwaltungsreferat pilgern und die Sache für sie erledigen wird, vorlegen muss. Das heißt, die Ausweispflichtbefreiung bekommen Sie, ohne selbst im Kreisverwaltungsreferat gewesen zu sein. Könnte man dieselbe Prozedur, die Ihnen den Gang zum Kreisverwaltungsreferat erspart, nicht auch anwenden, wenn Sie einen neuen Personalausweis benötigen? Nein, das ginge nicht. Warum nicht, habe ich leider nicht verstanden.

Ingrid Leitner