Club Behinderter und Ihrer Freunde e.V.
München und Region

Nach den vollmundigen Ankündigungen von Horst Seehofer sollte Bayern 2023 barrierefrei sein, nun fragen wir uns: Was ist daraus geworden? Eigentlich war das schon 2013 eine Lachnummer, denn auf dem Stand der Barrierefreiheit, wo Bayern sich damals befand, kann weder mit den begrenzten Geldmitteln noch in dieser Zeit, Bayern bis nächstes Jahr barrierefrei sein. Unmöglich.  


Nah- und Fernverkehr: 789,1 Millionen € hat die bayerische Staatsregierung allein für das Programm „Bayern barrierefrei“ zwischen 2015 und 2021 laut Angaben des Sozialministeriums zur Verfügung gestellt, so berichtet die Süddeutsche Zeitung vom 17.5.2022. Dieser Ausbau soll vor allem in dem Ausbau von Bahnhöfen und Haltepunkten geflossen sein, im Nah- wie auch im Fernverkehr. Immerhin rund 490 von 1070 Bahnhöfen und Haltepunkten sollen bereits barrierefrei sein. Die SZ führt das aber auch auf das Personenbeförderungsgesetz zurück, das eine Barrierefreiheit schon bis 2022 vorsah. Das heißt jedoch im Klartext, dass immerhin mehr als die Hälfte der Bahnhöfe noch nicht barrierefrei sind. Angeblich könnten 79% der Fahrgäste barrierefrei fahren. Was wir so nicht überprüfen können, weil wir nicht wissen, wie viele Fahrgäste die barrierefreien Bahnhöfe bedienen. Außerdem soll man sich auch nicht von den Summen täuschen lassen, die der Freistaat ausgibt. Wir wissen, dass, wenn ein Bahnhof oder auch ein Haltepunkt barrierefrei umgebaut wird, dort auch die ganzen Modernisierungsmaßnahmen mit einfließen, die mit Barrierefreiheit erst einmal gar nichts zu tun haben, sondern dem Modernisierungsstau der Bahn geschuldet sind. D. h. Der Anteil für die Barrierefreiheit ist viel geringer. Es ist zwar schon viel geschehen, was Bahnhöfe und auch Wagenmaterial angeht, aber es gibt gerade im Regionalverkehr oft eine große Konkurrenz um Platz mit Fahrrädern. Was die speziellen Bedürfnisse von blinden und sehbehinderten Fahrgästen angeht, entsprechen viele Wagen nicht den DIN-Normen. Für Gruppen von Rollstuhlfahrern ist Reisen nur unter erschwerten Bedingungen möglich und gerade im Fernverkehr bei den neueren ICE-Waggons gibt es weniger Rollstuhlstellplätze als früher; da ist allerdings nicht die bayerische Staatsregierung verantwortlich. Öffentliche Gebäude: 53 Prozent der relevanten öffentlichen Gebäude sind ohne Barrieren zugänglich mit Toilette und entsprechenden Parkplätzen (SZ 17.5.2022), d.h. also in 47% der wichtigen Gebäude kommt man nur mit Beeinträchtigung oder gar nicht rein! Die SPD und die Grünen im Landtag haben sich außerdem zu Recht massiv beschwert, dass auch in Zeiten von Corona nichts vorangegangen ist, was die digitale Kommunikation mit den Behörden anging.
Gesundheitswesen: Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns sagt, rund 3800 von 6300  
Arztpraxen im Freistaat seien barrierefrei, das kann nicht stimmen, Die KVB lässt die Ärzte sich selber einschätzen, wir wissen aus unseren Recherchen bei unserem Register von barrierefreien Ärzten in München und im Landkreis, dass Ärzte oft behaupten, sie seien stufenlos zugänglich und dann kommen wir vorbei und sagen, was ist denn mit den vier Stufen am Eingang, ach die hab ich völlig übersehen und die meisten wissen auch gar nicht, dass da noch eine Toilette dazugehört, die wenigstens für Rollstuhlbenutzer geeignet sein muss. Dann behauptet die KVB auch noch, dass in Bayern 180 von 400 ihrer gynäkologischen Praxen barrierefreie Sprechstunden anbieten. Also hier müssen wir sagen, das kann überhaupt nicht sein. In München gibt es eine einzige gynäkologische Praxis, die einen Hebelift zum Übersetzen vom Rollstuhl und zusätzlich auch genügend Zeit zum Auskleiden und Ankleiden etc. bietet, und diese Praxis ist beim Gesundheitsreferat München angesiedelt. Also hier gibt es auch noch viel zu tun z.B. für die KVB, die ihren Mitgliedern aber nie auf die Zehen treten will. Die Plankrankenhäuser, d.h. Kliniken, die für die bayernweite Gesundheitsversorgung zuständig sind, sollen laut Sozialministerium überwiegend barrierefrei sein. Überprüfen können wir diese Angaben nicht.

Die Bildungseinrichtungen und die Wohngebäude, die auch noch eine wesentliche Rolle für die Barrierefreiheit spielen, werden wir zu einem späteren Zeitpunkt in der Clubpost besprechen, wobei die Wohnungen gar nicht in das Programm „Bayern barrierefrei“ reinfallen.

Carola Walla

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