Wie geht das? Wenn man so fragt … gar nicht!  

Bei Bundestags oder Europawahlen funktioniert dies mithilfe einer Schablone. Bei diesen Wahlen sind die Wahlzettel bundesweit normiert d. h., dass die Positionen für die Kreise, in denen man das Kreuz platzieren muss, immer an der gleichen Stelle sind. So kann man dafür eine Schablone fertigen, die bundesweit einheitlich ist. Die Informationen, welche Parteien oder Kandidaten zu welchem Kreis zum Ankreuzen gehören, kann man sich auf einer Audio-CD zukommen lassen. Diese Informations-CD enthält auch Informationen über die jeweiligen Parteiprogramme. Diese Schablone und Informations-CD wird über die jeweiligen Landes Blinden- und Sehbehindertenverbände an ihre Mitglieder und an alle weiteren bekannten binden Menschen verschickt, mit dieser Schablone kann dann der blinde Wähler ins Wahllokal gehen oder sie zu Hause zur Briefwahl nutzen.  

Bei den Bundestagswahlen gibt man 2 Stimmen ab – einen Kandidaten einer Partei und eine Partei. Da dies recht übersichtlich ist (max. 3 DIN-A4-Seiten), ist es möglich eine Schablone anzufertigen.  

Bei der Landtags- und Kommunalwahl in Bayern funktioniert das aber leider nicht. Hier sind auf dem Wahlzettel alle wählbaren Kandidaten aller Parteien aufgelistet. In vielen Kommunen stehen mehr als 100 Kandidaten zur Wahl bereit, da ist der Wahlzettel größer als ein mittelgroßes Handtuch oder so groß wie die Doppelseite einer Tageszeitung. Hierfür eine nutzbare Schablone anzufertigen ist nicht möglich. Für jede Kommune müsste eine extra Schablone angefertigt werden. Dieser Aufwand ist nicht zu leisten, zumal man eine solch große Schablone weder transportieren noch sinnvoll anwenden kann.

Deshalb ist für blinde und sehbehinderte Menschen bei den Kommunalwahlen 2020 in Bayern keine geheime Wahl – also barrierefrei ohne fremde Hilfe – möglich. Die bayerische Regierung steht vor der Pflicht und Herausforderung, schnellstmöglich ein System zu entwickeln, das diesen Wählern eine freie geheime Wahl ermöglicht. Vorstellbar wäre hier z. B. eine digitale auf dem Internet basierende Lösung. Dafür sind aber noch einige Hürden zu nehmen, wie: Sicherheit, persönliche Identifizierung – kurz: Schutz vor Missbrauch. Im März 2020, bleibt den blinden und sehbehinderten Wählern jedenfalls nichts anderes übrig, als eine Person-seines-Vertrauens zu bitten, das Kreuz für ihn zu setzen und sich darauf zu verlassen, dass sie es dann auch wirklich tut.  

 

Bernhard Claus  (Auf dem Foto mit Stimmzettel zur Kommunalwahl)

Zuständig für Barrierefreiheit und Öffentlichkeitsarbeit in der Bezirksgruppe Oberbayern-München des Bayerischen Blinden- und Sehbehindertenbund e.V. (BBSB)