frhling-kleinNein, nicht „Die Kartause von Parma“ …daran denke ich beim Wort Kartause immer zuerst und wusste bisher fast nichts von Buxheim. Ich kannte das nur aus dem Krimi “Erntedank“ mit dem Kommissar Kluftinger – man darf es fast nicht zugeben, aber es bleibt ja unter uns.

Bis zum 18. April jedenfalls, als wir uns ins schöne frühlingshafte Ostallgäu aufmachten, um das Kloster und das weltberühmte Chorgestühl selbst anzuschauen.
Die Anfahrt mit der Regionalbahn nach Memmingen und weiter mit dem Bus ist für Rollstuhlfahrer bestimmt nicht einfach.

Die Anlage selbst, also das Kloster, ist nur bedingt rollstuhlgerecht. Am Eingang gibt es gleich eine hohe Stufe. Im Gebäude kann man mit dem Rollstuhl durch die Kreuzgänge und in die Kirche fahren. Es gibt dort mehrere Stellen, die mit kurzen, recht steilen Rampen über zwei Stufen ausgestattet sind. Diese Rampen sind wohl eher für Kinderwagen gedacht als für Rollstühle. Die Toilette ist ebenerdig, aber eng und nicht für Rollstuhlfahrer geeignet. Falls Sie das entmutigt – wir wollen Ihnen hier mit ein paar Fotos einen Eindruck vermitteln, denn die Kartause ist wirklich sehenswert.
Und eiskalt – gemütlich hatten es die Mönche bestimmt nicht. Die Kartäuser sind ein sehr strenger Orden und die Mönche waren eher Eremiten. Schweigegebot, nächtliches Beten in der Kartausenkirche und strenges Fasten bestimmten und bestimmen noch heute ihren Tagesrhythmus. Das Kloster wurde vermutlich um 1100 als Kollegiatstift gegründet, 1402 an die Kartäuser als Kloster Maria Saal gegeben und bis 1812 als solches genutzt. Ab 1548 war es die einzige Reichskartause des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation.

Plan der Kartause

Heute werden Teile des Klosters vom Deutschen Kartausenmuseum, von den Salesianern Don Boscos sowie vom angrenzenden Gymnasium als Internat und Tagesheim genutzt. Die Klostergebäude sind weitestgehend erhalten.

Betender Kartäusermönch aus dem ChorgestühlDas Chorgestühl in der Klosterkirche ist fantastisch. Fotos können das Ganze nicht erfassen – aber wenigstens Details zeigen. In diesem Chorgestühl könnte man stundenlang verweilen und immer neue erstaunliche Details entdecken. Für uns heutige Menschen, die alles von der Stange und genormt bekommen, ist es ein Wunder, wie jede einzelne Kassette, jedes der zahllosen geschnitzten Gesichter, jedes Ornament einzigartig und völlig anders ist. Das Chorgestühl hat eine wechselvolle Geschichte. Es war einmal sogar vollständig mit schwarzem Bootslack übermalt – grauenvoll, wir haben Fotos davon gesehen – richtig zum Fürchten – und das Entfernen des Lacks kostete 2 Millionen DM.

 

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Wir machten dann auch eine Führung mit und durften das Refektorium anschauen. (Nur über Stufen erreichbar). Dort kam ein alter Herr zu uns, klein und aufrecht, der eine beeindruckend ruhige Ausstrahlung und wunderbare hellwache und gütige Augen hatte. Er erzählte uns, dass er früher das Gymnasium geleitet und schon sein siebzigstes (kein Druckfehler!) Priesterjubiläum gefeiert hat – und die Führerin sagte, er sei der älteste Salesianer Deutschlands.
Diese Begegnung in diesem eindrucksvollen Umfeld werde ich nie vergessen!

Christiane Maier-Stadtherr