Erstmalige Verleihung eines europäischen Preises für behindertenfreundliche Städte


Aus dem in dieser Ausgabe ebenfalls abgedruckten Bericht über die neue Strategie der Europäischen Union zugunsten von Menschen mit Behinderungen 2010 – 2020 geht bereits hervor,  dass eine in einem weiten Sinn zu verstehende Zugänglichkeit oder Barrierefreiheit ein Kernstück europäischen Handelns ist. Dieser Begriff ist also ebenso wie in der UN-Behindertenrechtskonvention zu verstehen, nämlich bezogen auf sämtliche Barrieren, die für behinderte Menschen beim Umgang mit Produkten, Dienstleistungen und Infrastrukturen bestehen, also etwa in öffentlichen Gebäuden und Verkehrsmitteln ebenso wie im Bereich von Information und Kommunikation.  Barrierefreiheit ist danach grundlegende Voraussetzung für eine Teilhabe behinderter Menschen in wirtschaftlicher, sozialer und politischer Hinsicht. Dabei setzt die Europäische Kommission richtigerweise auf kommunaler Ebene an, nämlich bei Städten, da lokale Behörden die entscheidende Rolle bei einer Verbesserung der Lebensbedingungen spielen und  Europa mit einer zu ca. 80 % in Städten lebenden Bevölkerung sehr urban geprägt ist. Aus diesem Grund wurden dieses Jahr zwei neue Preise zur Förderung barrierefreier Städte eingeführt:

1. Der Access City Award

Mit diesem Preis wird jeweils eine einzelne Stadt von mindestens 50.000 Einwohnern ausgezeichnet, die in den oben beschriebenen Bereichen die Barrierefreiheit nachweislich verbessert und sich zu weiteren Verbesserungen verpflichtet hat und  außerdem als Vorbild für andere Städte dienen kann.

2. Der European Champion for Accessible Cities Award

Dieser Preis  honoriert ebenfalls das Engagement für eine Verbesserung der Barrierefreiheit, ist aber für Netzwerke von Städten oder Organisationen bestimmt und wurde in diesem Jahr in Anbetracht von Anzahl und Qualität der eingegangen Bewerbungen nicht vergeben.

Die diesjährige Verleihung des Access City Award
Bei der dieses Jahr erstmals stattfindenden Verleihung hatten 66 europäische Städte aus 19 EU-Staaten innerhalb der Bewerbungsfrist eine solche abgegeben. Daraufhin erfolgte in einer ersten Stufe eine Vorauswahl auf nationaler Ebene. Nationale Jurys aus Vertretern nationaler Behindertenräte, Behörden und Fachleute zum Thema Barrierefreiheit wählten in den Staaten, in denen Bewerbungen eingegangen waren, bis zu drei Städte aus. Von den danach verbliebenen 30 Städten wurden dann in einer zweiten Stufe durch eine europäische Jury  (bestehend aus sieben Personen, darunter auch Fachleuten für das Thema „Barrierefreiheit“) vier Finalisten ausgewählt. Dabei handelte es sich um Städte ganz unterschiedlicher Größe: Avila (50.000 Einwohner) und Barcelona (ca. 1,6 Mio. Einwohner) aus Spanien,  Köln (ca. eine Mio. Einwohner) aus Deutschland und Turku (ca.176.000 Einwohner) aus Finnland.
Bei der zum Europäischen Tag der Menschen mit Behinderung in Brüssel abgehaltenen  Konferenz erfolgte dann am 2. Dezember eine Auszeichnung der kleinsten Stadt der ausgewählten Finalisten, nämlich des spanischen Avila, mit dem Access City Award. Die etwa 110 km nordwestlich von Madrid gelegene Provinzhauptstadt der Region Kastilien-León mit ihren ca. 50.000 Einwohnern wurde damit für ihr politisches Engagement und die vielfältigen Maßnahmen für eine Verbesserung der Barrierefreiheit belohnt, die neben einem seit 2002 diesbezüglich ausgearbeiteten Plan auch die Bereiche Tourismus und Beschäftigung umfassen.

Wolfgang Vogl