Menschenrechte2Ich sitze hier im Wohnzimmer auf dem Sofa und denke über meine Zukunft nach, genauer gesagt, was wird mich in 30 Jahren erwarten? Da schreiben wir das Jahr 2035. Wahrscheinlich sitze ich nicht mehr hier in dieser Stube, sondern bei Dir, liebe Schwester, auf der Station. Da ich jetzt noch klar denken kann, möchte ich Dir schon meine Wünsche und Bedürfnisse aufschreiben und Dir mitteilen, was mirwichtig ist.
Gerne hätte ich ein Einzelzimmer mit Dusche und WC. Ich liebe es, im Morgenmantel zu frühstücken und würde das Frühstück gerne im Zimmer einnehmen. Herzhaft und deftig soll es sein, d.h. ich liebe Wurst und Käse und einen guten Kaffee. Da ich die Grundpflege, d.h. Duschen und Baden,generell am Abend mache, ist für mich die Morgentoilette sekundär und nimmt keinen hohen Stellenwert ein.
Meine Kleidung möchte ich gerne selbst auswählen, auch meinen Tagesablauf würde ich gerne selbst bestimmen. Zwingt mich bitte nicht, an gemeinsamen Gruppenaktivitäten teilzunehmen, sondern lasst mich bitte selbst bestimmen. Was mir wichtig wäre: in der Hauskapelle an den Gottesdiensten teilzunehmen, oder die Möglichkeit zu haben, einfach nur hier zu sitzen und zu schweigen.
Da ich ein langes Arbeitsleben hinter mir habe, möchte ich meinen letzten Lebensabschnitt in Ruhe genießen. Es wäre für mich wichtig, meinen Hund mitbringen zu können, denn er ist seit Jahren mein Begleiter. Übrigens liebe ich Tiere und die Natur über alles. Ich möchte so viel wie möglich im Garten sitzen, spazieren gehen und die Natur genießen. Das Essen hat für mich einen hohen Stellenwert. Ich esse gerne Gemüse, Fleisch, Wurst, aber keine Süßspeisen, auch keinen Fisch. Zum Abendessen hätte ich gerne ein Glas Wein, aber ich bin dadurch kein Alkoholiker. Nach meiner Abendtoilette, sitze ich gerne vor dem Fernseher und schaue mir einen Krimi an.
Mernschenrechte1Sollte ich einmal nicht mehr in der Lage sein, meine Grundpflege selbstständig durchzuführen, wünsche ich mir, dass Du, liebe Schwester, meine Intimsphäre respektieren würdest. D. h. dass Du mich nicht nackt im Bett liegen bzw. im Bad stehen lässt, wenn eine dritte Person das Zimmer betritt. Decke mich bitte zu oder schließe die Tür. Auch würde ich es nicht wünschen, wenn Du mich fixieren würdest mit der Begründung, dies wäre für meine Sicherheit. Lieber würde ich einen Sturz in Kauf nehmen, aber ich liebe meine Freiheit und könnte diesen Umstand nicht ertragen. Da ich in meinem ganzen Leben keine Medikamente genommen habe, werde ich bestimmt jeder Pille mit Misstrauen begegnen. Bitte keine Psychopharmaka, denn sie verändern meine Persönlichkeit und mein Verhalten und die Nebenwirkungen sind enorm.
Ich bitte Dich, liebe Schwester, lass mich einfach so sein wie ich bin und nimm mich so an, mit meinen Ecken und Kanten. Denn ich habe mein Leben so weit gelebt und dieses gelebte Leben hat mich geprägt und geformt und den Menschen aus mir gemacht, den Du jetzt siehst.
Um den Umgang mit mir zu erleichtern und auch mein Verhalten besser zu verstehen, lege ich Dir noch meine Biographie bei. Im Voraus, liebe Schwester, möchte ich mich bei Dir bedanken und ein herzliches „Vergelt‘s Gott“ sagen für Dein Verständnis.

Mit freundlichen Grüßen,
Rosi Schirm

Die beiden Karikaturen drucken wir mit freundlicher Genehmigung von Herrn Thomas Plassmann (Seite 2 und 3). Sollte Ihr Interesse an dessen Arbeit geweckt worden sein, so können Sie sich auch auf der Homepage www.t-plassmann. de ausführlich informieren.