Im 19. Jahrhundert schrieb der Breslauer Dichter August Kopisch ein Märchen, in dem jemand in Köln den Leuten nachts die zu erledigende Arbeit abnahm. Niemand konnte jedoch sagen, wer genau das war, da diese dienstbaren Gesellen ebenso unbemerkt verschwanden, wie sie zuvor erschienen waren und die Arbeit verrichtet hatten. Bis die neugierige Gattin eines Schneiders das Geheimnis mittels einer List aufdeckte: ausgelegte Erbsen brachten die herbeikommenden Heinzelmännchen zum Stolpern und der Lärm führte zu deren Entdeckung. Die Heinzelmännchen konnten dann zwar fliehen, erschienen danach aber nie wieder. Auch unsere Arbeit wäre ohne den Einsatz von Heinzelmännchen ungleich schwieriger, nur wirken unsere Heinzelmännchen nicht im Verborgenen, sondern ganz offiziell und haben einen Namen: die Zivildienstleistenden oder – wie wir alle sagen – die Zivis. Lesen Sie zwei Berichte, wie sich das Engagement bei uns aus deren Sicht darstellt:


Wäre „Daheim in unserem Viertel“ im Duden definiert, wäre es wohl beschrieben als ein Synonym für: „Wir verlegen Ihnen gerne Kunstrasen auf dem Balkon!“; „Ob wir Möbelpacker haben? – Äh Zivis, ja!“; „IKEA Möbel? – Sogar die bauen wir zusammen, der Zivi hat eh einen neuen Werkzeugkasten.“; „Neue Wohnzimmerlampen? – Ja, wir schicken Ihnen unseren Elektro-Zivi äh –Installateur vorbei.“

Immer dann, wenn eine liebenswerte alte Dame bemerkt, dass ihr Kühlschrank gänzlich leer ist und sich ihre Lebensmittelvorräte auf 200g Margarine und 4 Teebeutel beschränken, klingeln beim CBF die Alarmglocken und die Einkauf-Zivis schwärmen aus. Wie die Heinzelmännchen laden sie ihre Klienten mit und ohne Rollstuhl ins CBF-Mobil und sorgen dafür, dass diese vollen Zugriff auf das Sortiment von Edeka, Aldi und Co haben.
Wegen Osteoporose muss dann auch mal die Kassiererin auf ihren Drehstuhl verzichten und im Stehen kassieren. Doch nicht nur für den Einkauf werden die Allzweck-Zivis eingesetzt, sondern auch um verlorene Weihnachtsgeschenke wieder zu finden. So befand sich die Perlenkette für die Tochter dann in der Ecke eines Schrankfaches, welches sich weit über der Sichthöhe der lieben alten Frau befand...
Gerne werden Zivis auch ohne Waffen in den Krieg geschickt und sollen Vorhangstangen ohne Bohrmaschine, Wasserwaage oder ähnliche Mittel installieren. Doch auch derartige Aufgaben werden dann mit einer Werkzeug-Kollekte im Viertel gemeistert.
Der Trend in der heutigen Zivildienstarbeit geht allerdings in Richtung „Neugestaltung des Balkongesamterscheinungsbildes“. Ein wenig Kunstrasen hier, farbige Balkongitterstoffe da, ein bisschen aufräumen und als i-Tüpfelchen frische Kunststoffblumen machen Balkonbesitzer restlos glücklich. Nachdem die Balkone wieder in neuem Glanz erstrahlen, ist die alte Couchgarnitur aus Echtleder und Massivholz noch ein Dorn im Auge. Doch wo ein Wille ist, ist auch ein Zivi. Und dieser schont weder seine Bandscheiben, noch die Zimmereinrichtung. Obwohl Langzeitfolgen nicht absehbar sind, überleben beide die Operation „Zu große Couch durch zu kleines Treppenhaus“.
Da nun endlich neues Werkzeug im Hause CBF ist, kann sich auch kein IKEA-Fernsehsessel dem ureigenen Basteltrieb des Zivis widersetzen. Was im Werkzeugkasten leider bis heute fehlt, ist ein Strom- und Metalldetektor. Damit ließe sich zum Beispiel verhindern, dass der Zivi mit einer 1 zu 4 Chance ins Schwarze trifft und die Stromversorgung der Wohnung für kurze Zeit gekonnt so manipuliert, dass keine Lampe im Raum trotz Lichtschalter aufhört zu leuchten. 
Direkt erholsam für die Zivis vom „Daheim in unserem Viertel“-Team sind z.B. Herrschaften, die zwar Zigaretten im Haus haben, jedoch keine Möglichkeit, diese zu entzünden und daher frei Haus nach Feuer fragen; oder aber auch exzessive Mensch-ärgere-dich-nicht-Partien mit Spielern, die sowohl gerne mal mitten im Spiel die Spielerfarbe wechseln als auch die Augenzahl des Würfels von vorn herein immer auf Sechs aufaddieren.
Egal was die Zivis von „Daheim in unserem Viertel“ noch erwartet – das Musikmachen an festlichen Gala-Diners, das Nähen von Krokodilledertaschen oder das Verspeisen von einem 5-Sterne Menü zum Geburtstag eines wildfremden Herren – wir sind bereit!!! 
Daniel Schock

In den bisherigen drei Monaten meines Zivildienstes beim "Club Behinderter und ihrer  Freunde" erwarb ich nicht nur neue soziale Kompetenzen, sondern lernte auch mein eigenes Leben viel mehr zu schätzen. Wenn man täglich erlebt, wie sehr einige Menschen in ihrem Alltag eingeschränkt sind und welche innere Befriedigung es sein kann, diesen Menschen zu helfen, sei es mit einer liebevollen alten Dame zum Einkaufen fahren, beim Besuch eines Arztes, das Entsorgen von alten Couchgarnituren oder sonstigen Möbeln, ebenso das Genießen von klassischer Musik oder einer Tasse Kaffee mit einem Klienten, dann ist das für uns Zivis das reinste Vergnügen. Man entdeckt in sich eine völlig neue Lebensfreude. Zudem weiß man wirklich, dass die Arbeit Sinn macht und Menschen hilft und man bekommt auch die Dankbarkeit direkt zu spüren.
Christopher Schmid