"Wir sind jung, die Welt ist offen, o du schöne weite Welt"

Dieses Lied haben wir oft gesungen, wenn wir im Zeltlager an der Ostsee um ein Lagerfeuer saßen. Ach, war das schön.

Jetzt bin ich nicht mehr jung, aber die Welt ist immer noch schön und weit, wenn auch leider nicht überall. Aber es muss ja auch nicht so weit sein, Deutschland und das umliegende Europa ist immer eine Reise wert. Ich bin immer gern und viel gereist, auch noch mit Krücken und manuellem Rollstuhl. Seit 2011 habe ich einen E Rolli und wieder so viel Lebensqualität, dass das Reisen wieder viel Spaß macht. Allein reise ich zwar nur in Deutschland, da ist es nur etwas mühsam ein barrierefreies Hotel zu finden, aber bisher habe ich noch immer eine Unterkunft gefunden. Seit 2013 habe ich eine tolle Reiseagentur in Zwingenberg und habe schon sehr viele Reisen damit gemacht. Da die Rollstuhlfahrer aus ganz Deutschland kommen, kann man, je nach Reise, zu einem Bahnhof mit dem Zug fahren. Manche fahren auch mit dem eigenen Auto nach Zwingenberg und steigen dann in den großen bequemen Bus. Ich bin schon in Karlsruhe, Frankfurt, Köln und Hamburg zugestiegen.

Meistens bin ich die letzte und es ist immer eine freudige Begrüßung. Mit Hilfe der Mobilitätszentrale ist die Bahnfahrt kein Problem, meinen Koffer schicke ich vorab nach Zwingenberg, so kann ich ganz in Ruhe meinen Urlaub beginnen.

In diesem Jahr war ich im Juni in England. 2017 war ich das erste Mal da, da sind wir in der Nacht mit der Fähe von Zeeland nach Hull gefahren, wir waren in Liverpool, Newcastle, Durham, haben in Northumberland ein Schloss mit einem traumhaft schönen Park besucht und am Rückweg waren wir dann noch in York, das war eine wunderschöne Reise.

Meine zweite Englandreise ging dann 2018 nach Wales, die war noch schöner als Nordengland. Unser Hotel in Llandudno war direkt an der Seepromenade, wo ich nach dem Abendessen immer noch draußen war, ich kann gar nicht genug kriegen von Wind und Wasser. Auch hier haben wir wieder wunderschöne Ausflüge gemacht, sogar eine wunderschöne Rollstuhlwanderung, schöne Städte und wieder ein wunderschöner Garten.

In diesem Jahr war ich nun das dritte Mal mit Johannes (so heißt der Inhaber der Reiseagentur) und die barrierefreien Fahrten fährt er immer selber, bei längeren Reisen, ist dann noch Sven als zweiter Fahrer dabei. Da es immer dieselben Leute sind, ist es schon fast Familienausflug. Wenn mal neue Gäste dabei sind, werden sie sofort als dazugehörig aufgenommen. Diesmal hatten wir eine Zwischenübernachtung von zwei Tagen in einem wunderschönen Hotel in Blankenberge (Belgien), das liegt an einem See, den ich erstmal mit meinem E-Rolli umrundet habe.

Am nächsten Tag waren wir dann an der Küste bei Sonne und orkanartigem Sturm. Das war so richtig nach meinem Geschmack. Am nächsten Tag sind wir dann nach Calais und mit der Fähre nach Dover. Die nächsten sechs Nächte waren wir dann in Plymouth und haben Ausflüge gemacht nach Dartmoor, Landsend und Edens Projekt. Es war alles sehr schön aber ich hatte es mir anders vorgestellt, in Deutschland habe ich schon schönere Moore gesehen, auch hätte ich mir mehr Küste gewünscht, aber das ist nur mein persönlicher Eindruck, aber wenn ich mir mein Fotobuch anschaue, war es schön. Der Rückweg war sehr lang und dadurch anstrengend. Am Morgen von Plymouth nach Dover, dann mit der Fähre nach Calais, mit dem Bus nach Blankenberge, wo wir übernachtet haben. Nach dem Frühstück nach Köln und dann mit dem ICE nach München, wo ich dann um halb 11 in meiner Wohnung war. Da habe ich dann doch gemerkt, dass ich nicht mehr jung bin (89).

Da ich sehr gerne fotografiere, mache ich nach jeder Reise ein Fotobuch, was dann auch wieder viel Spaß macht und es auch schön ist, später mal wieder reinzugucken. Im November kommt der neue Katalog, mal sehen was Johannes dann anbietet, meist sind es fünf barrierefreie Reisen.

Ich wünsche, der Bericht hat ein bisschen dazu beigetragen, dass man auch im Alter und mit Rollstuhl noch viel Schönes erleben kann

Else Hestermann