Das Bundesteilhabegesetz weist in seiner Auflage von 2018 einige bedeutsame und hoffnungsvoll stimmende Neuerungen auf. Angebote der Eingliederungshilfe sollen sozialraumorientiert und entsprechend der Vorgaben aus der UN-Behindertenrechtskonvention inklusiv angeboten werden. Ein durchaus geglücktes Vorhaben war die Einführung einer unabhängigen Teilhabeberatung. Gerade dort, wo diesen Beratungsstellen nicht eine Vielzahl an eigenen Leistungsbereichen angegliedert sind und wirtschaftliche sowie machtpolitische Erwägungen nicht den Blick versperren, erhalten die Rat suchenden Menschen mit Behinderung die Informationen, die ihnen neue und bislang verschlossen geglaubte Perspektiven aufzeigen.  In der Vergangenheit haben wir ja bereits über die erfolgreiche Einrichtung einer solchen Stelle beim CBF berichtet.  



Die Verabschiedung der §§ 60 „Andere Leistungsanbieter“ und 61 „Persönliches Budget für Arbeit“ aus dem SGB IX zeigen allerdings bis heute kaum Fortschritte bei dem Versuch, Menschen bei Ihrem Anspruch auf Eingliederung auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu unterstützen.  

Ziel des Budgets für Arbeit ist es, Beschäftigungsalternativen zur Werkstatt für Menschen mit Behinderung zu schaffen. Sowohl dauerhafte finanzielle Leistungen an den Arbeitgeber wie auch eine kontinuierliche persönliche Assistenz am Arbeitsplatz sind dabei geeignete Instrumente um diesen neuen Weg zu ebnen. Insbesondere mit Bezug auf den § 61 wurde schnell klar, dass zur sinnvollen Implementation dieses Vorhabens aber auch ein Bindeglied benötigt würde um den Weg auch mit dem notwendigen Rüstzeug zu beschreiten. So wurde der Paragraph um einen eigenen Erlass für die Finanzierungen von Ausbildungen ergänzt. Dieser wurde 2020 eingeführt und gilt für Menschen, die sich bspw. momentan noch im Leistungsbereich einer WfbM befinden auch erst ab dem 01.01.2022. Gleichzeitig hört man aus dem Bereich der Werkstätten die mantraartig vorgetragene Wiederholung, man hätte immer schon inklusiv gearbeitet, was die vielen Praktika und Außenarbeitsplätze eindrucksvoll belegen würden.  So verwundert es nicht, dass nach wie vor kaum belastbare Daten zu diesen Maßnahmen existieren und die Erfahrungsberichte Betroffener zu diesen Leistungen durchwegs von marathonartigen Hürdenläufen berichten, auf deren Weg viele auf der Strecke zurückbleiben und infolgedessen auch noch den letzten Mut verlieren, neue Möglichkeiten auszuprobieren.  

Möglichkeiten für die es zudem noch engagierte und unabhängige Dienstleister bräuchte, die aber z. B. im Bezirk Oberbayern auch zwei Jahre nach der Einführung des § 6o im SGB IX nicht existieren. Aktuell gibt es gerade einmal zwei Anbieter, welche – wen wundert’s? – über den „richtigen Stallgeruch“ und den direkten Draht zu Politik und Leistungsträgern verfügen. Wir selbst haben in der Vergangenheit versucht „neue Akteure“ auf diesem steinigen und minenreichen Weg durch die Institutionen zu begleiten – unter anderem mit der „Freien Bühne München“ die ob ihrer inklusiven Theaterarbeit allerorts über den Klee gelobt und ausgezeichnet wurde. Doch jegliche Versuche dieses modellhafte Projekt als „Anderen Dienstleister“ zu verorten, scheiterten schon im Ansatz an riesigen bürokratischen Hürden, die vermutlich eben nur die üblichen Platzhirsche auf dem Feld – im Bezirk Oberbayern bis heute gerade einmal das Diakonische Werk Rosenheim und die Herzogsägmühle aus Peiting – stemmen können.   

Was bleibt, ist „Alter Wein in neuen Schläuchen“!  Bleibt zu hoffen, dass die soeben stattfindende Regionalkonferenz zum Umsetzungsstand des Bundesteilhabegesetzes die gegenwärtige Realität nicht eingelöster Versprechen auch kritisch begleitet, notwendige Anpassungen andenkt und auf den Weg bringt. Die versprochenen passgenauen Unterstützungen aus verschiedenen Leistungssystemen, welche Wahlrecht und Selbstbestimmung der Betroffenen einlösen sollen, liegen jedenfalls heute noch in weiter Ferne. Wir werden den weiteren Verlauf jedenfalls interessiert mitverfolgen und, wo nötig, den Finger in die Wunde stecken!

Peter Pabst