Club von Menschen mit Beeinträchtigungen und ihrer Freundys
– klingt komisch?


Hier mal wieder ein Beitrag aus der Web Worker Werkstatt. Diesmal geht es um das neuerdings so heiß diskutierte Gendern. Für unsere Homepage und unseren Clubnamen wirft das einige Fragen auf.
Ich glaube, zum allerersten Mal wurde mir die Problematik bewusst, als ich 2008 auf einer Webseite den Satz geschrieben habe: „Rollstuhlfahrer können den Eingang an der Dienerstraße benutzen“ und darauf hingewiesen wurde, dass es heißen muss: „Rollstuhlfahrer und Rollstuhlfahrerinnen …“ Am Ende wurde es: „Ein rollstuhlgerechter Eingang befindet sich in der Dienerstraße“, als ob es auf die Rollstühle ankäme und nicht auf die Menschen darin.

Das ist jetzt kein Problem mehr: Rollstuhlfahrer*innen, Rollstuhlfahrer_innen, Rollstuhlfahrer:innen sind neue Schreibweisen, die beide Geschlechter ansprechen, wobei das Geschlecht „divers“ noch nicht berücksichtigt ist.
Das Internet ist aber nicht dasselbe wie gedruckte Information; hier werden Texte für Blinde vorgelesen. Screenreader lesen dann „Rollstuhlfahrer Stern innen, Rollstuhlfahrer Unterstrich innen“. Bei Doppelpunkt machen Screenreader eine längere Pause, denn Doppelpunkte weisen normalerweise darauf hin, dass eine wichtige Information folgt. Wer möchte das so vorgelesen bekommen?
Auf Webseiten, die barrierefrei sein wollen, ist die Verwendung von Gendersternchen also nicht akzeptabel. Wie sieht es mit der leichten Sprache aus? Auch da sind Gendersternchen nicht vertretbar. Besser ist es in allen Fällen, beide Formen auszuschreiben oder ein neutrales Wort zu verwenden.

Beim CBF haben wir auch unsere ursprüngliche Bezeichnung Ärzte und Therapeuten im Visier – und schon wird es kompliziert. Ärzte und Ärztinnen und Therapeutinnen und Therapeuten? Will jemand bei jedem Aufruf der Seite den ganzen Sums vorgelesen bekommen? Wäre „medizinische und therapeutische Einrichtung“ besser? Ist das nicht wieder so entmenschlicht?
Müssen wir auch den Namen des CBF ändern? Das Wort „Behinderte“ wird eigentlich nicht mehr verwendet. Korrekt wäre nun also: Club von Menschen mit Beeinträchtigungen und ihrer Freunde und Freundinnen. Aber halt! Was ist mit divers?
Kürzlich kam mir eine Empfehlung in die Hände, dass man auf die/der verzichten könnte und nur noch „das“ schreibt und die Endung wäre immer „y“.  Ob das nun ernst gemeint war, weiß ich nicht – aber man kann mit dem Gedanken spielen.  Bei uns hieße es dann: Ärztys und Therapeutys mit Praxen für Rollstuhlfahrys. Sehr ungewohnt! Aber es wäre kürzer, für einfache Sprache und Screenreader geeignet, also zumindest für Webdesignys ist der Ansatz nicht uninteressant.
Aber: „Club von Menschen mit Beeinträchtigungen und ihrer Freundys“.  Nun ja. Club von Menschen mit Beeinträchtigungen und ihr Freundeskreis?
Auch unsere Rollinger müssten sich umbenennen: Rollinger:innen, Rollinger*innen, Rollingys – was gefällt? Bisher gibt es ja keine offizielle Sprachregelung, wir können das noch eine Weile überlegen. Beim CBF verwenden wir schon seit Jahren den Begriff „Rolli“ und sind also schon lange unserer Zeit voraus gewesen!  

Christiane Maier-Stadtherr

Illustration von James Walla