Noch ist nichts erreicht, aber am Ende wird alles gut!?

Ihr erinnert Euch noch?  Im August vergangenen Jahres berichtete ich über den Stand der Aktivitäten von Stadt und Landkreis in München zur Bezuschussung von Taxen, welche auch von Menschen genutzt werden können, die auf die Nutzung eines Elektro-Rollstuhls angewiesen sind.
Ausgangspunkt waren Maßnahmen aus den Aktionsplänen zur Umsetzung der Behindertenrechtskonvention. Je 10.000 € Zuschuss sollten Taxiunternehmen erhalten, die ein barrierefrei nutzbares Taxi neu anschaffen, bzw. ein dazu geeignetes Modell umrüsten lassen wollten. So sollten im Laufe von drei Jahren jeweils bis zu 30 Fahrzeuge in Einsatz gebracht werden, um den Betroffenen den Einstieg in ein diskriminierungsfreies Mobilitätsangebot zu ebnen. Ein Ansinnen, welches zwar von einer hohen Bereitschaft kündete, für Menschen mit Behinderungen gleichwertige Lebensbedingungen schaffen zu wollen, welches sich jedoch von Beginn an aufgrund der „Freiwilligkeit zur Selbstverpflichtung des Marktes“ einem hohen Risiko zu scheitern ausgesetzt sah.
Einige der Herausforderungen, die es auf diesem Weg zu bewältigen gilt, konnte man aufgrund des zwei Jahre früher gestarteten Modellprojektes in Berlin, bereits prognostizieren. Hier wurde errechnet, dass sich, um ein bedarfsgerechtes Angebot vorhalten zu können, mehr als 250 Taxen im Einsatz befinden müssten – eine Zahl, die dort nicht einmal ansatzweise erreicht wurde! Auf München bezogen bedeutete das die Verfügbarkeit von mindestens 80 Fahrzeugen. Wo aber stehen wir heute, in etwa zur Mitte der Projektlaufzeit?


Während meine Recherchen im August vergangenen Jahres ergaben, dass bei der Stadt München zwei, beim Landkreis drei Anträge zur Bescheidung eingereicht wurden, liegen wir heute mit je drei genehmigten Zuschussanträgen kaum einen Schritt weiter. Das Ziel, Ende 2022 je dreißig Fahrzeuge in Betrieb genommen zu haben, ist in weite Ferne gerückt!
Was aber sind die Gründe für diesen unbefriedigenden Verlauf? Wir haben mit mehreren Unternehmern gesprochen, die wir hier allerdings nicht namentlich nennen möchten, da sie alle dem Anliegen gegenüber sehr aufgeschlossen gegenüberstehen und größtenteils sogar eines der wenigen verfügbaren Fahrzeuge betreiben. Gefragt, weswegen der Entschluss zu Anschaffung und Einsatz eines Inklusionstaxis gefallen sei, wird übereinstimmend ausgesagt, dass zum einen der Bedarf für dieses Angebot vorhanden sei, es aber einer gehörigen Portion sozialen Engagements bedürfe, angesichts der nicht gegebenen Möglichkeiten zur Refinanzierung des zusätzlichen zeitlichen Beförderungsaufwands. „Es sei betriebswirtschaftlich gesehen ein Verlustgeschäft, den Zuschuss in Anspruch zu nehmen, sich im Gegenzug jedoch dazu zu verpflichten, je Fahrt nur 7 € Aufschlag zu nehmen, anstatt der bislang vorgesehenen 15 €.“  Diesem Argument wurde zwischenzeitlich allerdings mit dem Stadtratsbeschluss vom 27. 01.2021 die Grundlage entzogen, da dieser die Höhe des Aufschlags für solche Großraumtaxen auf 7 € deckelt.  Das ist zwar für die Betroffenen ein Vorteil, da sie ja die Mehrkosten erbringen müssen, begründet aus Unternehmersicht allerdings ein weiteres Hemmnis, ein solches Fahrzeug vorzuhalten, und erklärt, warum die Zahl der Anträge gegenwärtig stagniert.
Und doch – ein Hoffnungsschimmer glimmt am Ende des Tunnels. Nicht zuletzt wegen der frustrierenden Erfahrungen in den Modellstädten Berlin und München – die Sozialdezernentin der Stadt Berlin Elke Breitenbach sprach von einem „Rohrkrepierer“ im Zusammenhang mit dem dort aufgelegten Förderprogramm – wurde die Politik aktiv. In das gerade erst novellierte Personenbeförderungsgesetz, abschließend am 26.März vom Bundesrat verabschiedet, sind folgende, meines Erachtens längst überfällige, vermutlich aber Hinblick auf Ihre Möglichkeiten die Versorgungssituation bedarfsgerecht zu steuern, nicht ausreichende Vorgaben aufgenommen worden: „Beim Verkehr mit Taxen und beim gebündelten Bedarfsverkehr sollen die Aufgabenträger die Belange der in ihrer Mobilität oder sensorisch eingeschränkten Menschen mit dem Ziel berücksichtigen, eine möglichst weitgehende Barrierefreiheit zu erreichen. Hierfür ist ab einer Anzahl von 20 Fahrzeugen eine Mindestverfügbarkeit von barrierefreien Fahrzeugen je Unternehmer vorzusehen, für die ein bundesweiter Richtwert von 5 Prozent bezogen auf die Anzahl der von dem Unternehmen betriebenen Fahrzeuge gilt.“ (PBefG §64c) Im weiteren Verlauf ist auch die Bezuschussung der Fahrzeuge vorgesehen. Gemäß §8 ist der gebündelte Linienersatzverkehr Teil der Nahverkehrsplanung und muss daher bei diesen Planungen auch mit einbezogen werden, was im Falle der aktuellen Planungen in der Landeshauptstadt und im


Landkreis bislang nicht berücksichtigt wurde! Vorgesehen ist darüber hinaus, die Geeignetheit der Maßnahme nach 5 Jahren zu evaluieren und bei Bedarf nachzusteuern. Dies wird sicher auch notwendig sein, da die Mobilitätswende so, angesichts der extrem hoch gelegten Messlatte von 20 Fahrzeugen je Unternehmer, nur in seltenen Einzelfällen erreicht werden wird. In ländlichen Bereichen wird diese Hürde hingegen weiterhin dazu führen, dass sich gar kein Angebot entwickelt.
Gelänge es nun noch eine Lösung zu finden, für den von den Nutzern nicht zu verantwortenden Zuschlag von 7 € für die Beauftragung eines für E-Rollstuhl-Nutzer zwingend erforderlichen Großraumtaxis, wäre doch einiges erreicht! In diesem Zusammenhang könnten die zuständigen Gremien in den Behindertenbeiräten vielleicht ja noch einmal über den Vorschlag des Taxiunternehmers Dominik Weisser diskutieren, der einen Solidarbeitrag aller Nutzer von Taxen von 5 Cent je Kilometer beim Mobilitätstag des Behindertenbeirats vorschlug. Damit könnte über einen Solidaritätsbeitrag Aller ein Nachteilsausgleich für die zu Unrecht belasteten Nutzer erreicht werden.

Das Thema wird uns sicher noch eine Weile begleiten und beschäftigen. Wir bleiben jedenfalls dran und werden Euch über neue Wasserstandsmeldungen informieren!
Peter Pabst