Am 15. März 2020 sind in Bayern Kommunalwahlen und das bedeutet, dass Sie vermutlich alle bereits eine Wahlbenachrichtigung erhalten haben, in der neben dem Tag der Wahl und der Abstimmungszeit auch das Wahllokal bezeichnet wird.

Sollten Sie Ihren Wohnsitz in München haben, so enthält die Wahlbenachrichtigung darüber hinaus die Angabe, ob das Wahllokal Ihres Stimmbezirks, also dasjenige, in dem Sie Ihre Stimme abzugeben aufgerufen sind, barrierefrei ist. Als barrierefrei wird dabei nicht lediglich als für Rollstuhlfahrer geeignet angesehen, sondern im umfassenderen Sinn von § 4 des bayerischen Behindertengleichstellungsgesetzes (BBG), das heißt Wahllokale müssen für alle Menschen mit Behinderungen „in der allgemein üblichen Weise, ohne besondere Erschwernis und grundsätzlich ohne fremde Hilfe zugänglich und nutzbar …“ sein. Dies wird anhand von fünf Nutzergruppen, die in der Wahlbenachrichtigung mit entsprechenden Symbolen dargestellt werden, überprüft: Rollstuhlfahrer, gehbeeinträchtigte Menschen, Sehbeeinträchtigte, Blinde  sowie Menschen mit kognitiven Beeinträchtigungen. Ist das Wahllokal für sämtliche Nutzergruppen im Sinne von § 4 BayBBG nutzbar, so spricht man von Barrierefreiheit, andernfalls ist das Wahllokal nicht (Nutzbarkeit für keine der Gruppen) oder teilweise (Nutzbarkeit für eine oder nur einige Gruppen) barrierefrei.

Davon zu unterscheiden ist eine barrierefreie Ausgestaltung des einzelnen Wahllokals.  Dazu haben sowohl das Kreisverwaltungsreferat (KVR) der Landeshauptstadt München als auch der bayerische Behindertenbeauftragte in Flyern Hinweise gegeben, die durch Verhaltenstipps im Umgang mit Menschen mit Behinderungen im Rahmen des Wahlvorgangs ergänzt werden.

Ist eine Barrierefreiheit des einzelnen Wahllokals überhaupt erforderlich?  

Nun könnte man sich fragen, ob das einzelne Wahllokal überhaupt barrierefrei sein muss, immerhin wird in der Wahlbenachrichtigung auch die Möglichkeit eingeräumt, sein Wahlrecht per Briefwahl oder in einem anderen, nämlich barrierefreien Wahllokal auszuüben. Dies bejaht der Gesetzgeber jedoch ohne Wenn und Aber: Wählen gehen ist ein Grundrecht und so schreiben alle Wahlgesetze verbindlich vor, dass „die Wahlräume … nach den örtlichen Verhältnissen so ausgewählt und eingerichtet werden“ sollen, „dass allen Wahlberechtigten, insbesondere Menschen mit Behinderungen und anderen Menschen mit Mobilitätsbeeinträchtigung, die Teilnahme an der Wahl möglichst erleichtert wird.“ (so §46 Absatz 1, Satz 3 Bundeswahlordnung,BWO, ähnlich § 37 Absatz 2 Satz1 BayLWO) Nebenbei bemerkt könnte man sich ansonsten mit derselben Logik auch fragen, weshalb der Wähler nicht generell auf die Briefwahl und einige wenige zentrale Wahllokale verwiesen werden sollte. Dies würde nicht unerhebliche Kosten sparen und der immense organisatorische Aufwand für die flächendeckende Bereitstellung von Wahllokalen und die Rekrutierung von Wahlhelfern entfiele.  Mit bestehendem Recht vereinbar ist es jedoch nicht.

Wie ist der aktuelle Bestand barrierefreier Wahllokale in München?

Die Frage der Barrierefreiheit von Wahllokalen wird in München seit geraumer Zeit thematisiert und war auch wiederholt Gegenstand von Gesprächen zwischen Mitarbeitern des KVR und Mitgliedern des FAK Mobilität.

Im Jahr 2014 formulierte der Stadtrat das Ziel, dass zur Kommunalwahl 2020 mindestens 75 % der Wahllokale barrierefrei sein werden. Dieser Prozentsatz wurde bereits bei der Bundestagswahl 2017 erreicht und konnte bei der Europawahl 2019 gehalten werden (77,3 %).  

Laut Auskunft des KVR vom Februar 2020 sind nun bei der Kommunalwahl am 15. März 590 von den 755 Wahllokalen (komplett) barrierefrei (78,1 %) und 165 teilweise barrierefrei (21,9 %).

 

Wolfgang Vogl