Jugendherberge – das klingt für viele von Ihnen vielleicht noch nach quietschenden Metallbetten in geschlechtergetrennten Schlafsälen, Muckefuck und strengen Herbergseltern.

Diese Zeiten sind jedoch vorbei. Die heutigen neudeutsch Youth Hostel genannten Unterkünfte nähern sich immer mehr dem Hotelstandard an. Bezüglich ihrer Barrierefreiheit sind sie sogar auf dem besten Weg, sich an die Spitze zu setzen.

Am 23.5. fand in der Jugendherberge München-Park in Thalkirchen eine Veranstaltung zu „Reisen für Alle“ statt. Darunter versteht man ein bundesweites Zertifizierungssystem für touristische Angebote. Ausgebildete Erheber prüfen anhand von Checklisten, inwieweit sich z. B. eine Unterkunft für Rollstuhlfahrer, Gehbehinderte, Blinde, Sehbehinderte, Gehörlose, Hörbehinderte oder Menschen mit kognitiven Einschränkungen eignet. Die Prüfberichte sind für Jeden im Internet einsehbar: https://www.reisen-fuer-alle.de/zertifizierte_angebote_249.html. Die Erhebung geht über bauliche DIN-Vorschriften hinaus und erfasst z. B. auch, ob ein Pflegebett vorhanden ist, das Klopfen an der Zimmertür mit einem Blinklicht signalisiert wird, Assistenztiere erlaubt sind und ob auf der Speisekarte die Gerichte zusätzlich abgebildet sind. Der große Vorteil ist, dass die Ergebnisse sehr detailliert und verlässlich sind -  im Gegensatz zum Signet „Bayern barrierefrei – wir sind dabei“, das nur allgemein ausdrückt, die Barrierefreiheit irgendwie verbessert zu haben. Deshalb sieht das für den Tourismus zuständige Bayerische Wirtschaftsministerium das vom Bayerischen Sozialministerium eingeführte Signet sehr kritisch.

Da der Betreiber die Zertifizierung bezahlen muss und sie nur 3 Jahre gilt, findet man leider noch wenige entsprechende Angebote, in München z. B. 11, darunter das Cuvilliés-Theater, den Mittelbau des Schlosses Nymphenburg, das Haus der Kunst, das NS-Dokumentationszentrum und das GOP Varieté-Theater.

Die Jugendherbergen planen jedoch, jedes ihrer Häuser zertifizieren zu lassen. Von den 58 bayerischen sind 45 bereits geprüft. Wenn in immer mehr Jugendherbergen behinderte Gäste Seminare abhalten oder übernachten, werden auch mehr nicht behinderte Jugendliche und Familien Menschen mit Behinderungen in lockerer Atmosphäre begegnen. Ein nicht zu unterschätzender Beitrag zur Inklusion!

Monika Burger