Blick auf die Küste
Bild: Florian Gerich

Mit dieser – eigentlich anfangs nicht ganz ernst gemeinten - SMS (ich bin aufgrund einer Spina bifida von Geburt an querschnittgelähmt...) an meine gute Freundin Sabine begann im Jahr 2012 das bisher wohl größte „Reiseabenteuer“ meines Lebens.

Als sie mir sagte, dass sie als „Fußgängerin“ für ein Jahr nach Australien gehen wollte, platzte ich als „Reisebegeisterter“ fast vor Neid – und irgendwann dachte ich: „Australien? Warum eigentlich nicht?“ Ich hatte zwar zu dem Zeitpunkt noch keinerlei Vorstellung, wie aufwendig die Planung einer solchen Reise werden sollte – nicht nur wegen meines Rollstuhls. Allerdings kannte ich aus meiner Rollstuhl-Tennis-Zeit Leute, die schon in Australien gewesen waren, ich wusste also: „Das geht!“ Und als ich dann auf meine SMS auch noch eine „positive Antwort“ bekam, stand für mich fest, dass ich es versuchen wollte.

Ich konnte – und wollte – zwar kein ganzes Jahr wegbleiben, aber ein paar Wochen waren schon drin. Wir fingen also an, uns regelmäßig zur „Reiseplanung“ zu treffen, nahmen Kontakt zu einem Reisebüro auf, das auf Australien und andere ferne Länder spezialisiert ist – schönen Gruß an Frau Grünewald vom „Wangener Reisebüro Grünewald“! :-) - und fanden zur Erledigung unserer Visaangelegenheiten das Reisebüro „sta Travel“ in München. Nach ausgiebiger Internet-Recherche und einige Café-Besuche später stand fest, dass uns unsere Reise entlang der australischen Ostküste von Sydney nach Cairns führen sollte. Leider trennten sich unsere Wege dann allerdings etwas früher als geplant, den letzten Teil nach Cairns reiste ich zusammen mit meinem Vater.

Da ich im Internet herausgefunden hatte, dass die meisten australischen Jugendherbergen auch behindertengerechte Zimmer zu günstigeren Preisen anbieten, und wir nicht viel Geld ausgeben wollten, besorgte ich mir als erstes einen Jugendherbergsausweis. Diesen bekommt man gegen einen jährlichen Mitgliedsbeitrag von 7 € (Mitglieder bis einschließlich 26 Jahre) bzw. 22,50 € (Mitglieder ab 27 Jahre) beim „Deutschen Jugendherbergswerk“ in Detmold.

Die Auswahl an Reiseführern zu Australien ist riesig – auf meiner Suche nach Infos für Menschen mit Behinderung fand ich schließlich noch das englischsprachige Buch „Easy Access Australia“ von   Bruce M. Cameron. Obwohl nicht mehr ganz aktuell, bietet es dennoch gute Informationen zu barrierefreien Unterkünften, Nationalparks etc. in ganz Australien.

Wir wollten für die „Tour“ entlang der Ostküste ein Mietauto nehmen, das ich auch fahren konnte. Bei „Avis“ mieteten wir uns einen auf Handbedienung umgebauten Mittelklassewagen.

Am 11. März 2013 hob unser Flugzeug in München ab. Die Flugreise von München nach Sydney wurde für mich zur körperlichen Belastungsprobe: Bei unserem Zwischenstopp am Flughafen in Dubai wurde mir mein Alltagsrollstuhl „verweigert“, und ich musste ein paar Stunden in einem viel zu großen Rollstuhl mit Armlehnen Platz nehmen. Insgesamt waren wir ca. 23 Stunden „in der Luft“ – meine Toilette im Flugzeug erledigte ich mit Hilfe eines in München gelegten Dauerkatheters und leerer Mineralwasserflaschen. Aber „Wo ein Wille, da ein Weg!“ Probleme mit dem Shunt, den ich wegen meines angeborenen Hydrocephalus im Kopf habe, gab es Gott sei Dank während der gesamten Reise nicht, aber auch dafür hatte ich mir vor der Reise die Kontaktdaten des Ventilherstellers in Australien rausgesucht.

In Sydney angekommen, holten wir am Flughafen unser Mietauto ab – erste „Bewährungsprobe“: Fahrt durch die Innenstadt von Sydney in der „rush hour“...In Australien ist Links(!)verkehr! Daran konnte ich mich nie richtig gewöhnen, weshalb Sabine leider später den Großteil der Fahrerei übernehmen musste...Aber wir kamen heil in der Stadt an, stellten das Auto auf einen Behindertenparkplatz in der Nähe und bezogen todmüde unser Zimmer in der Jugendherberge „YHA Sydney Central“. Das Zimmer war in Ordnung, und es gab auf unserem Stockwerk auch eine extra Toilette für Menschen mit Behinderung. Insgesamt sind die australischen Jugendherbergen und auch die Sehenswürdigkeiten recht gut auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung eingestellt.

Bild: Florian GerichSydney ist eine tolle  Stadt, mit weltbekannten Stränden wie „Bondi Beach“ für Schwimmer und Surfer (Vorsicht: Quallen!) und Sehenswürdigkeiten wie dem „Sydney Opera House“, der „Harbour Bridge“ oder dem „Taronga Zoo“, den man mit der Gondelbahn erreicht – von dort aus hat man einen tollen Blick über Sydney. Wir haben in Sydney auch eine Stadtrundfahrt gemacht, mit dem Rollstuhl kein Problem.

Unsere Reise führte uns von Sydney weiter über Newcastle, Port Macquarie (eine entspannte Küstenstadt mit einem bunten Papagei als „Aufseher“ in der Jugendherberge!), Coffs Harbour, Byron Bay (Vielen Dank, Sabine, alleine hätte ich es nie bis rauf zum Leuchtturm geschafft!) und Brisbane (eine der schönsten Küstenstädte, die ich bisher gesehen habe).

Die Hauptattraktion von Coff's Harbour ist die „Big Banana“ – eine übergroße Banane, um die herum ein Vergnügungspark gebaut wurde, mit einer Rutsche und einer Ausstellung mit Informationen zur Banane als Haupt-Exportartikel der Stadt. In Port Macquarie sind wir mit einem „Guide“ zusammen Kanu gefahren (ganz schön anstrengend, aber wunderschön! Und um uns herum am Ufer: Fledermäuse!) , und in Coff's Harbour hatte ich zum ersten und bisher letzten Mal in meinem Leben „Körperkontakt“ mit...einem Seelöwen! In dem Themenpark in dem wir waren, konnte man sich gegen eine kleine Gebühr in eine Schlange einreihen, die Trainerin und der Seelöwe stellten sich daneben hin, und der Seelöwe küsste mich auf „Befehl“ der Trainerin auf die Wange – schönes Foto!  :-)

Brisbane als letzter Teil unserer gemeinsamen Reise hat mir mit am besten gefallen: Der Botanische Garten mit den riesigen Bäumen, die „Luftwurzeln“ gebildet haben, damit sie sich stabilisieren und Nährstoffe auch aus der Luft aufnehmen können, der Hafen mit den vielen Palmen am Ufer, Häuser mit Bootsanlegestellen vor der Tür, der „Jazz Club“ – ach, wo soll ich anfangen, wo aufhören! Und mit dem Rollstuhl war auch hier alles recht gut zu erreichen, zuweilen brauchte ich allerdings die tatkräftige Mithilfe von Sabine, zum Beispiel auf Waldwegen.

In Brisbane haben wir dann das Auto zurückgegeben, und ich bin mit meinem Vater nach Cairns geflogen. Fliegen als Rollstuhlfahrer ist in Australien kein Problem.

Bild: Florian GerichCairns ist der Ausgangspunkt vieler Touristenausflüge und Tauchgänge zum „Great Barrier Reef“, einer grandiosen, mittlerweile leider durch die Klimaerwärmung und andere Faktoren bedrohten, Ansammlung von Korallenriffen, durch die man schnorcheln oder tauchen kann. Auch das habe ich einmal ausprobiert, hat viel Spaß gemacht, die Korallen schimmern in vielen Farben – leider musste ich den „Tauchgang“ schon nach kurzer Zeit abbrechen, weil der Wellengang an dem Tag recht hoch war...Für ein „Erinnerungsfoto“ unter Wasser hat die Zeit aber noch gereicht!

Alles in allem waren die 5 Wochen in Australien mit Sicherheit der eindrucksvollste Urlaub meines Lebens, und trotz der Anstrengungen möchte ich die Zeit dort nicht missen – die Reise ist natürlich auch nicht billig, aber falls ihr einmal die Gelegenheit haben solltet: „Just do it!“

Florian Gerich