Liebe Mitglieder, liebe Freunde,
die Flut der Pressemeldungen reißt nicht ab! Alle paar Tage - manchmal sogar mehrmals am Tag – bekommt irgendeine Krankenkassen-Geschäftsstelle, eine Wohnsiedlung, eine Freizeitanlage oder Ähnliches von der Bayerischen Staatsregierung das Signet "Bayern barrierefrei" verliehen. Jedes Mal schlägt ein Staatssekretär mit viel Brimborium irgendwo auf, um einen Ort künftiger Rollstuhlgerechtigkeit – denn um mehr geht es der Politik beim Begriff 'Barrierefreiheit' meist leider nicht – quasi amtlich zu 'segnen'!
Aber was soll das eigentlich? Worum geht es hier?
Natürlich ist Barrierefreiheit wichtig – quasi eine der Grundvoraussetzungen für echte Inklusion – nur: häufig handelt es sich bei den ausgezeichneten Orten um öffentliche Gebäude, die laut Bayerischer Bauordnung ohnehin seit Jahren barrierefrei sein müssen.
Will die Regierung hier zeigen, dass sie sich an ihre eigenen Vorschriften und internationale Vereinbarungen wie die UN-Behindertenrechtskonvention hält? Das sollte ja wohl selbstverständlich sein!
Oder geht es darum, von anderen Politikfeldern abzulenken (wie zum Beispiel der Schulpolitik), in denen die Inklusion von Menschen mit Behinderung in Bayern nur im Schneckentempo oder gar nicht vorankommt?
Wahrscheinlich ist der Zweck der Initiative "Bayern barrierefrei" (die Jahreszahl, die ursprünglich mal dahinter stand, hat man inzwischen stillschweigend unter den nicht immer ganz so barrierefreien Tisch fallen lassen!) am Ende ein sehr viel schlichterer: Es geht um ganz simple Symbolpolitik nach dem Motto: 'Tue Gutes und rede darüber!'. Schließlich ist im kommenden Jahr mal wieder Landtagswahl in Bayern!
Leider werde ich als Journalist berufsbedingt immer misstrauisch, wenn man mir gesetzlich längst festgelegte Selbstverständlichkeiten als großzügige Wohltaten verkauft! Denn Eines steht ja wohl fest: Wirklich weitergekommen werden wir beim Thema Barrierefreiheit erst dann sein, wenn niemand mehr öffentlichkeitswirksam mit ein paar rollstuhlgerechten Gebäuden prahlen kann!
Einen Schwerpunkt dieser Ausgabe bildet der barrierefreie April in den Kammerspielen: Monika Burger berichtet von einer Aufführung mit zusätzlichen Rollstuhlplätzen, Christiane Maier-Stadtherr, Michaela Schlereth und Carola Walla waren in einer Aufführung mit deutschen Übertiteln und Melanie Egerer konnte eine solche mit Audiodeskription besuchen. Unser Praktikant Julian Schorr berichtet vom Protesttag für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung am 5. Mai und Wolfgang Vogl informiert über die Performance Fucking Disabled. Michaela Schlereth lädt natürlich auch im Juni zu einer Rollstuhlwanderung und beschreibt die Details unseres Busausflugs zur Landshuter Hochzeit im Juli und last, but not least stellt Hanne Kamali gleich drei bayerische Lokale vor.

Viel Spaß mit der Clubpost und bei den Aktivitäten des CBF wünscht Ihnen/Euch

Holger Kiesel